Das Gesundheitssystem ist eine solidarische Sache: Dies findet immer noch ein überwiegender Teil der Gesellschaft. Jetzt gaben 84 Prozent der Befragten in einer repräsentativen Erhebung an, dass sie Solidarität im Gesundheitssystem als wichtig erachten. Oder anders: Nur 13 Prozent bezeichneten Solidarität hier als «eher» oder «sehr» unwichtig.
Ebenfalls 84 Prozent meinten, dass alle Menschen Zugang zu innovativen Therapien haben sollten. Die Untersuchung wurde vom Forschungsinstitut Gfs.Bern im Auftrag von Bristol Myers Squibb durchgeführt.
Allerdings ritzten die Ergebnisse dann doch auch ein bisschen am klaren Solidaritäts-Bild. Es zeigte sich nämlich auch, dass eine knappe Mehrheit zumindest zwei Personengruppen überdurchschnittlich zur Kasse bitten will:
- Personen mit hohem Einkommen oder grossem Vermögen (53 Prozent);
- Personen mit einem sehr ungesunden Lebensstil (50 Prozent).
Andererseits sind bei drei Gruppen recht viele Menschen – zwischen 25 und 40 Prozent – dafür, dass der Staat mehr bezahlen soll, nämlich bei:
- Personen über 80 Jahre (25 Prozent);
- Personen, die sehr lange Zeit krank sind (32 Prozent);
- Personen, die sehr teure Medikamente benötigen (40 Prozent).
Frage: Bei den folgenden Gruppen – sollten diese mehr an die eigenen Gesundheitskosten zahlen, soll der Staat mehr bezahlen oder ist das jetzige System genau richtig?
Im Zentrum der Erhebung stand auch die Frage, wie sich die Bevölkerung zur personalisierten Medizin stellt. Der Konsens scheint hier ebenfalls recht deutlich (also solidarisch): Alle sollen den gleichen Zugang zu geeigneten innovativen Therapien haben, Kosten sollen nicht darüber entscheiden – das finden vier von fünf Schweizerinnen oder Schweizer. Nur 15 Prozent sind eher oder gar nicht damit einverstanden.
«Trotz der teilweise kritischen Haltung zum Kosten-Nutzen-Verhältnis im Schweizer Gesundheitssystem ist der Solidaritätsgedanke darin stark verankert», resümiert Urs Bieri, Co-Leiter von Gfs.Bern: «Entsprechend herrscht auch die klare Meinung, dass nicht an erster Stelle die Kosten über den Zugang zu innovativen und hochwirksamen Therapien entscheiden dürfen.»
Der Arzt soll entscheiden
Die Mehrheit findet denn auch, dass ausschliesslich medizinische Gründe massgebend sein sollten für den Zugang zu einer Therapie geben sollten. Und wenn man selber eine teure innovative Therapie benötigen würde, dann findet die Mehrheit (85 Prozent), dass die Ärztin oder der Arzt über den Erhalt einer solchen Therapie entscheiden soll. 78 Prozent sehen diese Entscheidung zudem auch bei sich selbst.
Hingegen können sich nur Minderheiten mit der Idee anfreunden, dass ein unabhängiges Gremium (34 Prozent), die Krankenkasse (29 Prozent) oder der Staat (16 Prozent) hier das letzte Wort haben.
Freilich: Wer dann eine hochwirksame und teure Therapie erhält, soll sich dabei an die Anweisungen der Ärztin oder des Arztes halten – selbst wenn es Verhaltensänderungen und Anpassungen beim Lebensstil bedeutet, so die Mehrheitsmeinung.
Keine Kosten-Obergrenzen
Grundsätzlich sind die meisten Personen gegen eine Kostenobergrenze bei sehr teuren Therapien: 85 Prozent denken, dass ein reiches Land wie die Schweiz eine Lösung für die Finanzierung finden muss, wenn es medizinisch sinnvoll ist.
Die Befragung von GfS für BMS deutet zudem an, dass eine Mehrheit der Bevölkerung wenig hält vom «Kostenröhrenblick», welcher den Krankenkassen gelegentlich vorgehalten wird. So stimmten 86 Prozent der Aussage zu, dass bei der Kostendiskussion oftmals vergessen wird, dass langfristig Geld gespart werden kann; 80 Prozent denken, dass Aspekte wie die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt oder die Rückkehr zu zivilgesellschaftlichen Verpflichtungen in die Entscheidung für innovative Therapien miteinbezogen werden sollten.