Thomas Boyer und die vier Hauptprobleme im Gesundheitswesen

Der Chef der Groupe Mutuel prüft den Austritt aus dem Kassenverband Santésuisse.

, 17. März 2024 um 23:52
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«Ich habe keine vernünftige Erklärung dafür»: Thomas Boyer  |  Bild: PD Groupe Mutuel
Thomas Boyer, seit 2019 CEO der Groupe Mutuel, sieht eines der Hauptprobleme des Gesundheitswesens beim Zugang dazu: Das Spital sei für viele Menschen heute die erste Tür zur medizinischen Versorgung; weil sie keinen Hausarzt haben. Also müsste die Zahl der Allgemeinpraktiker erhöht werden – wie auch die Zahl der Apotheker; und deren Rolle sollte ohnehin neu bewertet werden.
Boyer listete in einem Interview mit «Le Temps» insgesamt vier Hauptprobleme des Schweizer Gesundheitswesens auf. Neben dem erwähnten Zugang liegt das zweite Hauptproblem bei den falschen Anreizen. «Wir sprechen oft über die Preise der Dienstleistungen, aber selten über die Mengen», so der Chef der drittgrössten Krankenkasse im Land: «Das System ist aber so, dass Volumen geschaffen wird, um den Umsatz zu steigern.»
Alles drittes Problem nannte Boyer die unklare Rolle der Kantone, die gleichzeitig die Krankenhausplanung verantworten, Subventionen verteilen, selber Spitäler führen und schliesslich auch noch Preise für die Angebote festlegen.
Bleibt der vierte Punkt – der aus Kostensicht ein Problem ist, aber in Wirklichkeit keines: Wir leben immer länger. Und dies bei besserer Gesundheit.

Schluss mit Santésuisse?

Viel beachtet wurde am Wochenende eine weitere Aussage, die Boyer im «Le Temps»-Interview machte: Er zeigte sich offen gegenüber der Idee, Santésuisse zu verlassen.
Denn der Groupe-Mutuel-Chef ärgert sich darüber, dass die Branche nicht in der Lage ist, mit einer Stimme zu sprechen. Es gibt Santésuisse, es gibt Curafutura – und die beiden Krankenkassen-Verbände würden das Parlament oft aus unterschiedlichen Winkeln angehen: «Das ist absurd», so Boyer. «Ich habe keine vernünftige Erklärung dafür».
Man diskutiere deshalb intern darüber – wie KPT bei Curafutura – den Verband Santésuisse zu verlassen, um etwas in Bewegung zu bringen, bestätigte Boyer. «Es ist unbedingt erforderlich, dass es in der Schweiz nur einen Dachverband gibt. Unsere Aufgabe besteht darin, die Prämienzahler zu verteidigen, und wir müssen dies mit einer Stimme tun.»
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