Verzögerte Kostengutsprachen und ihre Folgekosten

Eine Studie zeigt, wie die Krankenkassen die Gesuche für eine Brustverkleinerung bearbeiten. Fast die Hälfte der Patientinnen musste mehrere Anträge stellen – mit Zusatzkosten von durchschnittlich 2400 Franken.

, 31. Januar 2025 um 06:22
letzte Aktualisierung: 7. November 2025 um 08:16
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Eine zu grosse Brust kann belastende Folgen im Halswirbelbereich haben  |  Symbolbild: Annie Spratt / Unsplash
Eine übergrosse Brust – in der Fachsprache: Mammahypertrophie – führt häufig zu weiteren gesundheitlichen Problemen: Rückenschmerzen, Hautreizungen, Einschränkungen der Lebensqualität. Andererseits verweigern Krankenkassen oftmals die Kostengutsprache, wenn ein Antrag auf eine Brustverkleinerung eingereicht wird.
Wie die Verhältnisse sind, untersuchte eine Studie, die ein Team von Ärztinnen und Ärzten von EOC Tessin, USB, CHUV sowie des Münchner Klinikum rechts der Isar nun vorgelegt hat.
  • Astrid Navarra, Daniel Schmauss, Reto Wettstein, Yves Harder: «Reimbursement policies of Swiss health insurances for the surgical treatment of symptomatic breast hypertrophy: a retrospective cohort study», in: «Swiss Medical Weekly», Januar 2025.
  • doi: 10.57187/s.3923
Es handelt sich um eine retrospektive Studie mit Daten von 46 Patientinnen aus zwei Schweizer Zentren. Der beobachtete Zeitraum erstreckte sich von Oktober 2014 bis März 2021. Insgesamt stellten 65 Frauen in dieser Phase einen Antrag, in 16 Fällen wurde dieser endgültig abgelehnt.
Die Patientinnen hatten jeweils eine klare Indikation für den Eingriff («a clear diagnosis and an indication for surgery, as evaluated by board-certified plastic surgeons»). Allerdings besteht hier auch eine Grauzone, und die Krankenkassen ihrerseits müssen jeweils auch damit rechnen, dass hinter einem Antrag letztlich ein Schönheits-Anliegen steckt, welches der Grundversicherungskatalog nicht abdeckt.

1 bis 154 Wochen

Von den 46 Frauen, die letztlich eine Kostengutsprache ihrer Krankenkasse erhielten, bekam knapp die Hälfte (43 Prozent) diese Zustimmung erst nach mehreren Anträgen. Genauer:
  • In 26 Fällen kam die Einwilligung der Kasse nach der ersten Anfrage,
  • in 6 Fällen wurden zwei Anträge nötig,
  • in 11 Fällen benötigte die Patientin drei Anträge,
  • 3 Patientinnen stellten viermal ein Gesucht an ihre Kasse, bevor sie die Kostengutsprache erhielten.
Die mittlere Dauer bis zur Kostengutsprache für eine Reduktionsmammaplastik betrug 9,4 Wochen, wobei die Spanne von 1 bis 154 Wochen reichte.
Falls die Krankenkasse den ersten Antrag ablehnte, waren in 70 Prozent der Fälle weitere Abklärungen durch Spezialisten nötig; in 35 Prozent der Fälle erfolgte eine erneute Bildgebung der Wirbelsäule; und in 80 Prozent der Fälle benötigte die Patientin Physiotherapie.
Dies führte im Schnitt (Median) zu 2400 Franken an Zusatzkosten, wenn eine Patientin einen oder mehrere weitere Anträge auf eine Brustverkleinerung stellen musste.
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Mittlere Kosten zusätzlicher therapeutischer und diagnostischer Massnahmen nach Ablehnung des ersten Gesuchs  |  Tabelle: aus der zitierten Studie.
Nach der Operation waren 90 Prozent der befragten Patientinnen mit dem Ergebnis zufrieden. Der Eingriff reduzierte die Rückenschmerzen im Schnitt von 7,0 auf 1,6 (VAS).
  • versicherer
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  • Gesundheitskosten
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