Die Spitäler des Kantons Zürich erregten im Februar viel Aufsehen, als sie gemeinsam an die Öffentlichkeit gingen: Alle Krankenhäuser und Kliniken würden ab diesem Sommer auf Temporärpersonal im Pflegebereich verzichten,
so die Mitteilung ihres Verbands VZK. Wenig später doppelte die
Vereinigung Zürcher Privatspitäler mit einer fast identischen Aussage nach.
Jetzt scheint die Einigkeit zu bröckeln: In einem kurzen 7-Satz-Communiqué teilt der Verband mit, «dass es keinen gemeinsamen Beschluss gibt, auf den Einsatz von Temporär-Personal zu verzichten.» Der VZK gebe keine Weisungen oder Empfehlungen zum Umgang mit Temporär-Personal ab: «Alle Mitgliedsspitäler bestimmen ihre Personalpolitik eigenständig und unabhängig.»
Um Missverständnisse zu vermeiden, habe man die alte Mitteilung entfernt.
Das kann zweierlei bedeuten: Entweder wird jetzt, wo der Sommer kommt, erkennbar, dass sich ein «Temporär-Stopp» nicht so entschlossen durchziehen lässt wie im Winter geplant.
Oder es geht um eine juristische Absicherung. Denn bei der Wettbewerbskommission liegt eine Anzeige des Temporärfirmen-Verbands Swissstaffing. Der Verdacht: mögliche kartellrechtliche Verstösse. Der gemeinsame Arbeitsmarkt-Beschluss der Zürcher Spitäler sei ein «kartellrechtlich unzulässiger Boykott/Gruppenboykott» und missbräuchlich.
Hochriskant?
«Wir haben gemerkt, dass die Medienmitteilung falsch verstanden werden kann – so als ob der VZK den Spitälern vorschreiben könne, wie sie sich zu verhalten haben», erklärt Ronald Alder, der Leiter Public Affairs des VZK, heute. Dies sei selbstverständlich nicht der Fall. Und deshalb nun der Rückzug der Mitteilung.
Dass ein Verband den HR-Abteilungen seiner 35 Mitglieder nichts zu befehlen hat, scheint in der Tat selbstverständlich. Allerdings erweckte die Mitteilung im Winter doch einen teiloffiziösen Eindruck, weil sogar die Zürcher Gesundheitsvorsteherin Natalie Rickli als Unterstützerin angeführt wurde: «Festanstellungen verbessern die Versorgungsqualität und die Teamzufriedenheit und kommen damit direkt den Patienten zugute. Es liegt an den Gesundheitsinstitutionen, u. a. durch flexible Arbeitszeitmodelle attraktive Arbeitsbedingungen zu ermöglichen», so ein Zitat beim VZK.
Kritisch äusserte sich inzwischen etwa der Jurist Andreas Heinemann: Das Vorgehen der Spitäler sei «kartellrechtlich hochriskant», meinte er jüngst
im «Tages-Anzeiger»: «Hier haben Konkurrenten eine Absprache, eine sogenannte Abrede über Bezugsmengen, getroffen. Das ist ein Boykott und somit kartellrechtlich relevant», so der Professor mit Schwerpunkt Wettbewerbs- und Kartellrecht an der Universität Zürich.