So gigantische Lohnunterschiede gibt es nur im Gesundheitswesen

In keiner anderen Branche verdienen Männer so viel mehr als Frauen. Doch eine neue Studie sagt: Die Unterschiede sind erklärbar.

, 14. Juni 2023 um 14:31
image
Bild: Freepik
Auf den ersten Blick scheinen die Unterschiede riesig: Im Gesundheitswesen verdienen Frauen über 30 Prozent weniger als Männer. Im Gastgewerbe beträgt die Differenz hingegen nur gut 7 Prozent, im Verkauf 17 Prozent. Einzig die Banken und Versicherungen weisen ebenfalls eine hohe Spanne zwischen Männer- und Frauenlöhnen auf, nämlich gut 24 Prozent.

Viele typische Frauenberufe

Die Zahlen muss man aber relativieren. Die hohe Lohndifferenz bedeutet nicht, dass die Unternehmen gleichwertige Arbeit bei Männern höher honorieren als bei Frauen. Vielmehr zeigen sie, ob es in einer Branche viele typische Frauenberufe oder viele typische Männerberufe gibt.
Denn auch wenn etwa in der Pflege Frauen und Männer genau gleich bezahlt werden, sind die Löhne in diesem Bereich doch grundsätzlich tiefer als in traditionellen Männerberufen.

Trotzdem gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Die Studie kommt vom Schweizerischen Arbeitgeberverband. Er hat sie bei der Universität St. Gallen in Auftrag gegeben und zeigt, dass 99,3 Prozent der ausgewerteten Unternehmen das Gleichstellungsgesetz einhalten.

Erklärbare Unterschiede

Das heisst, dass die grossen Lohnunterschiede erklärbar sind. Zum Beispiel dadurch, dass Frauen eher auf tieferen Hierarchiestufen arbeiten oder weniger Berufserfahrung haben. Erst wenn diese Kriterien weggelassen werden, kommt man auf die so genannte unerklärbare Lohndifferenz.
Diese unerklärbare Lohndifferenz ist im Gesundheitswesen am tiefsten; sie beträgt nur 2,4 Prozent. Am höchsten ist sie in der Erziehung, im Sozial- und im Personalwesen. Dort ist ein Unterschied von 4,1 Prozent nicht erklärbar.

Weniger Benachteiligung im Gesundheitswesen

So gesehen könnte man schlussfolgern, dass zwar die Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau im Gesundheitswesen am grössten sind, dass aber gleichzeitig jene Unterschiede, die möglicherweise Frauen tatsächlich benachteiligen, am geringsten sind.
Gleichwohl fordert der Schweizer Arbeitgeberverband «weitere Anstrengungen», um die Lohndifferenzen zwischen den Geschlechtern zu verringern.

Unterschiede werden nicht kleiner

Das dürfte in der Tat nötig sein. Denn diese Unterschiede haben sich in den letzten Jahren nicht verringert haben. Schon vor fünf Jahren zeigte zum Beispiel eine Studie im Auftrag des Bundes, dass die Lohndifferenz in der Kategorie «Akademische und verwandte Gesundheitsberufe» knapp 30 Prozent beträgt.
  • spital
  • lohn
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Weniger Regionalpolitik, mehr Tech: Wie das Spital neu gedacht werden soll

H+ will das Ende von Spitaltraditionen. Mit einer PwC-Studie skizziert der Verband ein Krankenhaussystem, das sich von regionaler Politik und bisheriger Planung verabschiedet – und zehntausende Stellen einspart.

image

Zürich: Verbände fordern Lohn-«Nachholrunde»

Die vier kantonalen Spitäler sollen ihren Rückstand mit dem Teuerungsausgleich 2026 wettmachen. Gefordert sind Lohnerhöhungen zwischen 1,8 und 2,4 Prozent.

image

Nach Nullrunde: KSA, KSB und PDGA erhöhen Löhne 2026

Die Angestellten der Kantonsspitäler Aarau und Baden sowie der Psychiatrischen Dienste Aargau erhalten 2026 wieder mehr Lohn. Die Lohnsumme wird um 1,2 Prozent erhöht.

image

Pharmagelder 2024: Zuwendungen an Schweizer Ärzte steigen leicht

2024 erhielten Ärzte, Spitäler und Fachgesellschaften zusammen 262 Millionen Franken – 16 Millionen mehr als im Jahr davor.

image

Grüne wollen Gehälter von Gesundheitsmanagern deckeln

Nationalrätin Sophie Michaud Gigon hat eine Motion eingereicht, welche die Gehälter von Krankenkassenmanagern begrenzen soll. Die Regelung soll auch für andere Führungspositionen im Gesundheitswesen gelten.

image

Auf dem richtigen Weg

Der Markt für Krankenhaus-Informationssysteme (KIS) befindet sich in einer Phase tiefgreifender Transformation. Die aktuellen Trends und Herausforderungen der Branche sowie die Erwartungen der Kliniken beleuchtet Dirk Müller, Director Product Management CIS4U bei Dedalus HealthCare.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.