Im Rapportraum «Charlie Probst» im Kantonsspital Aarau (KSA) sieht es fast so aus wie in einem Kommmandoraum eines Raumschiffes: hochmoderne Bildschirme, 3D-Modelle von Hirngefässen und die Ärzte tragen Virtual-Reality-Brillen. Wenn die Neurochirurgen Serge Marbacher, Lukas Andereggen und Joshua Hägler keine weissen Arztkittel tragen würden, wäre auch eine Szene aus in einem «High-Tech-Game» denkbar.
Doch die Ärzte der Neurochirurgie des Kantonsspitals sind alles andere als «Gamer». Schnell wird im Gespräch klar, dass es um ein ernstes Thema geht: Hirn-Aneurysma-Operationen. Sorgfältig erklärt Serge Marbacher die Eckpunkte des Projekts. «Wir vergleichen zum ersten Mal die Nutzen sämtlicher Technologien der Virtuellen Realität, Augmented Reality, 3D-Bildgebung und das fassbare Modell aus dem 3D-Drucker mit den bisherigen konventionellen Bildern», erklärt der Leitende Arzt der Neurochirurgie.
Wer von diesen Anwendungen profitiert
Das ist ein Novum bei Hirn-Aneurysma-Operationen: Denn bislang hat das KSA «nur» mit patientenspezifischen 3D-Modellen gearbeitet. Nun wurde das Projekt mit Virtueller Realität und Augmented Realität ausgebaut. Es ist das erste Mal überhaupt, dass diese innovativen Techniken in einer prospektiven Studie miteinander verglichen werden. Das Ziel: herauszufinden, inwiefern Patienten, Auszubildende und auch erfahrene Chirurgie davon profitieren. Das Projekt wird unter anderem von den Firmen B. Braun Medical, Aesculap und Brainlab unterstützt.
Die Techniken «3D-Modell» und «virtuelle Realität» gibt es schon länger. Bei Virtual Reality wird die reale Welt vollständig ausgeblendet, bei Augmented Reality bleibt sie weiterhin erhalten und wird um virtuelle Elemente ergänzt
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Studienergebnisse werden im Herbst vorgestellt
Während Arzt Joshua Hägler dem Besucher die verschiedenen Verfahren dem Besucher am Bildschirm und mit der Brille 1:1 demonstriert, erklären Serge Marbacher und Lukas Andereggen den Nutzen für Patienten und Operateure. Derzeit läuft eine grosse Studie, die sich in der Phase der Auswertung befindet. Die Ergebnisse sollen im Herbst an einem Kongress vorgestellt werden. Man könne aber bereits sagen, so die Ärzte, dass die Chirurgen von der Anwendung klar profitieren.
Serge Marbacher erklärt, dass mit der Technologie auch die Operation besser geplant werden könne. Bereits vor dem Eingriff werde «trocken» geübt. Der Chirurg wisse so bereits vor der OP, welche Auswirkung es zum Beispiel habe, wenn er dieses oder jenes Gefäss abklemme. Mit konventionellen Methoden sei dies erst während der Hirn-Aneurysma-Operation ersichtlich.
Auch hinsichtlich Patientensicherheit ein Vorteil
Nicht nur für Chirurgen und für Ausbildungszwecke im Zusammenhang mit der Facharzt-Ausbildung sollen die neuen Methoden Vorteile bringen, sondern auch für die Patientinnen und Patienten. Beispielsweise kann die Zeit, in der die Chirurgen die Blutzufuhr unterbrechen müssen, reduziert werden. Das wirke sich auch auf die Patientensicherheit aus, so die Chirurgen.
Hinzu kommt ein weiterer Vorteil: Die Neurochirurgen können ihre Patienten detaillierter erklären, worum es bei ihrer Operation geht, was schliesslich der Patienten-Aufklärung hilft. Doch nicht alle Patienten wollen es dann so im Detail wissen, wie Oberarzt Lukas Andereggen sagt. Das müsse der behandelnde Arzt jeweils heraus spüren.
Wenn die Resultate der Studie dann offiziell vorliegen, wird dann auch detailliert ersichtlich, wer von welcher Technologie am meisten profitiert und welche konkreten Vorteile gegenüber konventionellen Methoden vorliegen.