Werden Zürcher Psychologen beim Lohn diskriminiert?

Er verdiene zu wenig, weil er in einem klassischen Frauenberuf arbeite. So wehrte sich ein Zürcher Psychologe erfolgreich vor Bundesgericht.

, 27. Oktober 2021 um 15:21
image
  • zürich
  • arbeitswelt
  • psychologie
  • lohn
Normalerweise verlaufen Lohnklagen wegen Diskriminierung so: Eine Frau wehrt sich dagegen, dass sie weniger verdient als ein Mann mit der gleichen Funktion. Doch diese Lohnklage ist anders: Ein Mann klagt, weil er weniger verdient als andere Männer in ähnlichen Berufen. Und zwar weil er in einem typischen Frauenberuf arbeitet, nämlich als Psychologe.

Klage gegen Psychiatrische Universitätsklinik

Doch von Anfang an: Vor sieben Jahren hat ein heute 70-jähriger Psychologe mit der Unterstützung des Kantonalverbands der Zürcher Psychologinnen und Psychologen (ZüPP) eine Klage wegen Lohndiskriminierung eingereicht. Sein damaliger Arbeitgeber war der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst des Kantons Zürich. Dieser Dienst ist mittlerweile der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) angegliedert.
Der therapeutisch tätige Psychologe verlangte eine höhere Lohneinstufung, da er im Vergleich zu typisch männlichen Funktionen beim Kanton Zürich -  wie Ingenieur, Steuerkommissär oder Revisor - in einer zu tiefen Lohnklasse eingeteilt sei.

Verwaltungsgericht muss nun prüfen

Erst das Bundesgericht gab ihm Recht: Der Beruf der Psychologinnen und Psychologen mit einem Frauenanteil von mehr als 70 Prozent sei tatsächlich ein typischer Frauenberuf und das Gleichstellungsgesetz dementsprechend anwendbar.
Das Bundesgericht wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich an, zu prüfen, ob eine Lohndiskriminierung vorliege. Weil das Verwaltungsgericht das nicht tat, musste das Bundesgericht erneut entscheiden. Und es gab dem Psychologen wieder recht: Das Verwaltungsgericht muss nun ernsthafter als bisher prüfen, ob der Mann mit dem Titel «Fachpsychologe für Psychotherapie FSP» statt der Lohnklasse 19 neu der Lohnklasse 20 zugeteilt wird und entsprechende Lohnnachzahlungen erhält.

Anspruchsvolles Hochschulstudium vorausgesetzt

Nun liegt es an der Psychiatrischen Universitätsklinik, den Gegenbeweis dafür zu erbringen, dass die Lohndifferenz auf objektiven Gründen beruhe und sachlich gerechtfertigt sei. Das Bundesgericht hält fest, dass die fragliche Stelle des klagenden Psychologen «ein sehr anspruchsvolles Hochschulstudium voraussetzt, was für die Vergleichsberufe nicht oder zumindest nicht im gleichen Masse gefordert ist».
Der Kantonalverband der Zürcher Psychologen (ZüPP) erwartet nun, dass diese Rückweisung ans Verwaltungsgericht zu einer angemessenen und nichtdiskriminierenden Entlöhnung führt. Und zwar nicht nur beim Klagenden, sondern auch bei den anderen in gleichwertigen Funktionen beim Kanton tätigen Psychologinnen und Psychologen.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Spital Männedorf: Rückendeckung der Gemeinden

Heute tun sich Spitäler schwer mit Krediten. Damit das Spital Männedorf eine auslaufende Anleihe ablösen kann, spannen die Trägergemeinden einen Sicherheitsschirm auf.

image

Zürich: Fliegender Wechsel im Amt für Gesundheit

Jörg Gruber folgt auf Peter Indra, der sich «neuen Aufgaben zuwenden» möchte.

image

Spitalverband Limmattal kratzt an der 10-Prozent-Marke

Mit einer Ebitda-Marge von 9 Prozent zeigt das Spital in Schlieren, dass ökonomischer Erfolg trotz der bekannten Herausforderungen möglich ist.

image

Eine Anti-Gewalt-Klausel im Pflegevertrag

Die Genfer Spitex hat ein Programm erarbeitet, um ihre Angestellten vor Aggressionen und Belästigungen zu schützen – mitsamt Training in einer Simulationswohnung.

image

Pflege: Erste Klinik führt 37-Stunden-Woche ein

Das Sanatorium Kilchberg erhofft sich vom Stundenabbau im Schichtdienst stabilere Teams – und weniger offene Stellen.

image

Freiburg: Radiologie-Techniker beklagen unfaires Vorgehen

Die Radiologiefachleute des Freiburger Spitals fechten ihre Lohneinstufung weiter an. Die Bewertungskommission sei ungerecht zusammengesetzt.

Vom gleichen Autor

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Medikamente: Diese fünf Irrtümer müssen alle kennen

Epinephrin statt Ephedrin? Solche Verwechslungen können tödliche Folgen haben. Gut zu wissen, wo die grössten Gefahren lauern.