Sie heissen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa und führen zu Beschwerden wie blutigen Durchfällen oder heftigen Bauchschmerzen. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) gehören in der Schweiz zu den häufigsten Erkrankungen: Eine von 350 Personen leidet daran, also über 25‘000 Menschen. Die Erkrankung diktiert deren Alltag.
Das Team der Gastroenterologie des Kantonsspitals Winterthur (KSW) möchte diese Einschränkungen besser verstehen. Deshalb haben sich insgesamt 17 Fachleute in die Lage von Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung versetzt: Pflege, Dispo, Ärzte und auch das Sekretariat.
Realitätsnahe Simulation
Mit Hilfe einer Mobile-App wurden typische Symptome und Herausforderungen im Alltag der CED-Patienten simuliert. Dabei löste die App immer wieder gewisse Herausforderungen aus. Diese sollen verschiedene physische wie auch psychische Aspekte der Erkrankung spürbar machen.
Zum Beispiel mussten die Fachleute stundenlang einen Gurt tragen, der die Schmerzen während diesen Erkrankungen spürbar zeigte. Dies hat auch von der Krankheit betroffene Patienten beeindruckt, wie es auf Anfrage heisst. Oder das Team wurde vor die Aufgabe gestellt, innert kurzer Zeit eine Toilette aufzusuchen – während dem Mittagessen oder im Bus zu Stosszeiten eine Herausforderung.
«Es war sehr anstrengend»
Um die Beschwerden besser herzuleiten, mussten die Probanden ihre Ernährung zudem genau notieren – inklusive einer Liste mit verbotenen Nahrungsmitteln. Begleitet wurde der Versuch durch Telefonanrufe, in denen fiktive Situationen geschildert wurden: etwa eine Einladung für eine wichtige Hochzeit. Der Hausarzt rät davon ab, der Gastgeber besteht aber darauf. Dabei ging es darum, das Dilemma zwischen Wollen und Können zu verdeutlichen.
«Es ist an die Substanz gegangen», sagte Chefarztsekretärin Nicole Rüeger gegenüber Medinside. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse seien aber natürlich abhängig vom Wissensstand. Während die Mediziner mehr über die Krankheit und deren Symptome wissen, war es vor allem auch für das nicht-medizinische Fachpersonal interessant, aber auch anstrengend, so Rüeger weiter.
Schweizweit erste Klinik
Durch das tiefere Verständnis darüber, wie die Krankheit das Leben der Patienten beeinflusst, soll laut dem KSW schlussendlich die Unterstützung der Patienten verbessert werden können. Zudem will das Spital die Bestrebungen unterstützen, einen offenen Dialog über die chronisch-entzündlichen Darmerkrankung in der Schweiz zu führen.
Die Gastroenterologie des KSW ist die erste Schweizer Klinik, die am internationalen Programm «In Their Shoes» («In den Schuhen der Patienten») teilnimmt. Das Projekt ist eine gemeinsame Entwicklung von Patientenorganisationen und dem Pharmaunternehmen Takeda. Die medizinische Versorgung sei während diesen Tagen natürlich durchgehend gewährleistet.