Tessiner Klinik wehrte sich gegen Rufschädigung

In der Reha-Klinik Hildebrand sei ein gesunder Patient von seinem Zimmernachbarn mit Covid-19 infiziert worden, schrieb eine Zeitung. Zu Unrecht.

, 5. Mai 2021 um 06:56
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Die Schlagzeilen in «20 Minuten» waren brisant: «Mann wird im Spital nach OP mit Corona infiziert», hiess es dort. Und weiter: «Ein 79-jähriger Mann musste in einem Spital in Locarno sein Knie operieren. Später in der Reha wird bei ihm Covid-19 diagnostiziert. Grund: Sein Zimmernachbar hatte das Virus.»

Ansteckungsweg keineswegs sicher

Die betroffene Reha-Klinik Hildebrand liess diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen. Sie beschwerte sich beim Schweizer Presserat. Und dieser gab der Klinik recht: Der Artikel hätte es nicht als Tatsache darstellen dürfe, dass sich der Patient beim Zimmernachbarn angesteckt hat.
Dieser Umstand, so wahrscheinlich er auch sein möge, sei keineswegs gesichert. Der betroffene Patient könnte sich auch bereits in der Klinik Santa Chiara, wo er operiert worden ist, angesteckt haben. Ebenfalls nicht auszuschliessen ist, dass der betroffene Patient seinen Zimmernachbarn in der Klinik Hildebrand angesteckt hat - statt umgekehrt. Tatsache ist: Niemand kann mit Sicherheit sagen, wann und wo sich der Patient infiziert hat.

Betroffener war der Vater des Journalisten

Dazu kam: Der betroffene Patient war der Vater des Journalisten, der den Vorfall auf dem Portal «tio.ch» öffentlich machte. Das ist an sich unproblematisch. Journalisten dürfen durchaus auch über Themen berichten, in die sie persönlich involviert sind. Aber: Die Leser müssen darüber informiert werden.
Der Journalist berichtete in seinem Artikel, dass es «die Familie des Patienten» für fahrlässig halte, dass nicht alle Personen beim Eintritt in die Klinik auf Covid-19 getestet würden. Und er schrieb auch - wie wenn es sich nicht um ihn selber handeln würde: «Die Familie des 79-Jährigen kritisiert die Hildebrand-Klinik nun scharf. Wie kann es sein, dass sich ein Patient nach einer Knie-Operation mit dem Coronavirus infiziert?»

Anonymität hätte sich wahren lassen

Die Leser sollten wissen, dass es eigentlich der Autor selber ist, der dies sagt und tut. Die Anonymität seines betroffenen Vaters hätte der Journalist trotzdem schützen können, etwa indem er den Artikel nicht mit seinem Namen gezeichnet hätte, sondern bloss mit dem Hinweis, dass der Autor Journalist und der Sohn des betroffenen Patienten sei.
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