Studie: Welcher Look wirkt am professionellsten?

Patienten ist es nicht egal, wie Ärzte angezogen sind. In der grössten je durchgeführten Befragung zur medizinischen Berufskleidung schneidet der weisse Kittel am besten ab.

, 12. Juni 2018 um 14:48
image
  • ärzte
  • studie
  • arbeitswelt
Wie zufrieden Patienten mit ihrem Arzt sind, hängt von vielen Faktoren ab - die meisten wurden in Studien erforscht. Unklar war bis heute, wie die Kleidung des Arztes zur Zufriedenheit der Patienten beiträgt und welchen Stellenwert das Outfit für diese hat. 
Ein Forscherteam der University of Michigan hat nun den ersten umfassenden Stil-Check für Ärztinnen und Ärzte erstellt. Es ist die nach eigenen Angaben grösste je zu diesem Thema durchgeführte Erhebung. Die Arbeit wurde im Fachjournal «BMJ Open» veröffentlicht. 

Dresscode einführen

Geht es nach den Ergebnissen, sind Ärzte gut beraten, sich vertieft mit ihrer Kleiderwahl auseinanderzusetzen und wenn immer möglich den weissen Kittel anzuziehen, wenn sie Patienten begegnen. Das textile Symbol für Berufsehre und Professionalität, so das Fazit, ist mitnichten ein Auslaufmodell - es steht bei Patienten an erster Stelle. 
Laut Studie hat die Kleiderwahl für Patienten eine grössere Bedeutung als die meisten Ärzte glauben. Die Studienautoren legen Spitälern, Gesundheitszentren und Praxen nahe, die Kleiderstandards der Ärzte zu prüfen oder einen Dresscode einzuführen, falls es nicht schon einen gibt. 
Christopher Petrilli, Sanjay Saint, Joseph Jennings, Andrew Caruso, Latoya Kuhn, Ashley Snyder, Vineet Chopra: «Understanding patient preference for physician attire: a cross-sectional observational study of 10 academic medical centres in the USA» - in: «BMJ Open», Juni 2018
Für die Studie wurden 4'062 Patientinnen und Patienten in zehn der bedeutendsten Medical Centers der USA befragt. Gut die Hälfte gab an, dass es ihnen wichtig sei, was die Ärztinnen und Ärzte tragen. Mehr als ein Drittel sagt, dass die Zufriedenheit mit der Behandlung insgesamt auch von der Kleidung des medizinischen Personals abhänge. 
«Im Gegensatz zu anderen Branchen wie der Finanzindustrie ist der Dresscode in der Medizin relativ heterogen», sagt Erstautor Christopher Petrilli in einer Mitteilung der Universität Michigan, «aber Ärzte sollten sicherstellen, dass die äussere Erscheinung ein gewisses Niveau an Professionalität spiegelt.»

Sieben Kleiderstile im Test

In der Studie wurden Patienten Bilder eines Arztes und einer Ärztin mit je sieben verschiedenen Kleiderstilen vorgelegt. Sie reichten, wie im grossen Bild dargestellt, von 

  • Casual: Kurzärmliges Hemd, Jeans und Tennisschuhe; mit und ohne weissen Kittel.
  • Srubs: Klassische Berufskleidung mit Hemd und Hose in Blau; mit und ohne weissen Kittel.
  • Formell: Hellblaues Hemd und dunkelblaue Hose, schwarze Lederschuhe, Krawatte; mit und ohne weissen Kittel.
  • Anzug: Veston und Hose in Dunkelblau, hellblaues Hemd, schwarze Lederschuhe, Krawatte; ohne weissen Kittel.

Die Teilnehmer waren angehalten, zu jedem Bild entsprechend Merkmale wie Vertrauenswüdigkeit, Nahbarkeit, Professionalität und Wohlfühlfaktor zuzuschreiben. 

Jeans nur an Wochenenden

Die höchsten Bewertungen erhielt der klassische weisse Arztkittel; er schnitt speziell bei den über 65jährigen am besten ab. An zweiter Stelle folgen Scrubs mit blauem Hemd und Hose sowie weissem Kittel darüber, an dritter Stelle liegt die formelle Kleidung - hellblaues Hemd, dunkelblaue Hose - ohne weissen Kittel. Die Autoren empfehlen den Ärzten, den weissen Kittel überzuziehen, wenn immer sie den Operationssaal verlassen. 
Auch als die Patienten ohne Bild gefragt wurden, welche Kleider ihnen an Ärzten am besten gefallen, stand der weisse Kittel hoch im Kurs: 62 Prozent sind der Meinung oder sehr stark der Meinung, dass Ärzte im Spital einen weissen Kittel tragen sollten. 55 Prozent sagten das gleiche für Ärzte in einer Praxis. Es gibt nur einen Fall, in denen sich die Mediziner eine gewisse Lockerheit erlauben können: An Wochenenden dürfen sie ihren Patienten auch mal in Shirt, Jeans und Turnschuhen gegenübertreten. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

So können Ärzte und Ärztinnen Medical Gaslighting verhindern

Medizinische Fachkräfte sollten sich immer wieder fragen: Nehme ich meine Patientinnen genug ernst? Sonst droht Medical Gaslighting.

image

Löhne: Gesundheitsbranche erwartet für 2026 nur ein kleines Plus

Die UBS prognostiziert einen durchschnittlichen Lohnanstieg von 1 Prozent. Damit dürfte das Gesundheitswesen im Mittelfeld liegen – nach einem ebenfalls verhaltenen Jahr 2025.

image

Abnehmspritzen wirken – aber unabhängige Daten fehlen

Die Datenlage bei Abnehmspritzen ist einseitig: Fast alle Studien stammen von den Herstellern selbst. Forschende warnen vor Interessenkonflikten – und fordern unabhängige Langzeitstudien.

image

Der Mangel an selbständigen Ärzten wird sich nicht bessern

Eine Befragung – auch von Medizinstudenten – zeigt, dass ein unnötiger Flaschenhals bei der Organisation der Praktikumsplätze besteht.

image

Pharmagelder 2024: Zuwendungen an Schweizer Ärzte steigen leicht

2024 erhielten Ärzte, Spitäler und Fachgesellschaften zusammen 262 Millionen Franken – 16 Millionen mehr als im Jahr davor.

image

Temporärarbeit in der Pflege: (K)ein Problem!

«Zu teuer, zu flexibel, zu problematisch?» Die Kritik an Temporärarbeit reisst nicht ab. Doch David Paulou, Direktor der grössten Schweizer Personalberatung im Gesundheitswesen, hält dagegen – mit Fakten, die das gängige Bild infrage stellen.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.