Studenten hacken Implantat, Robo-Patient tot

Geht das, oder ist es nur Science-Fiction? Es geht. Hacker können auf Herzschrittmacher oder Defibrillatoren zugreifen und sie manipulieren – auch mit tödlichen Folgen.

, 11. September 2015 um 07:52
image
  • trends
  • e-health
  • roboter
  • it
Es war ein Sicherheitstest, der zu denken gibt. An der University of South Alabama bekam eine Gruppe von Studenten im ersten Universitätsjahr den Auftrag, in iStan einzudringen.
iStan ist ein ausgeklügelter Patientensimulator, der insbesondere in der Kardiologie-, Pneumologie- und Neurologie-Ausbildung eingesetzt wird.  
Die Studenten erhielten nun vom Leiter des Patienten-Simulationsprogramms der Universität den Auftrag, diverse Implantate zu manipulieren, die zuvor in iStan eingebaut worden waren.
Zum Beispiel einen Herzschrittmacher. Hier gelang es den Jung-Informatikern, die Frequenzen unbemerkt nach oben und nach unten zu treiben. Oder zum Beispiel einen eingebauten Defibrillator: Die Studenten konnten nach belieben Stromstösse auslösen.

«Wir hätten definitiv einen Patienten schädigen können»

«Wenn es Absicht gewesen wäre, hätten wir definitiv einen Patienten schädigen können», kommentierte Mike Jacobs, der Leiter des Versuchs, gegenüber dem Magazin «Vice».
Natürlich wecken solche Experimente die Befürchtung, dass Übeltäter quasi per Fern-Hack dereinst Morde oder gar Serienmorde begehen könnten. Tröstlich am Versuch der Südstaaten-Universität war allerdings, dass die IT-Studenten doch einige Stunden benötigten, bis sie die Geräte unter Kontrolle hatten. Normalerweise ist das angepeilte Opfer bis dahin wieder ausser Reichweite…

William Bradley Glisson, Todd Andel, Todd McDonald et al., «Compromising a Medical Mannequin», in: arXiv, August 2015. 

Dass die Medizinaltechnik zu Einfallstor für Cyber-Kriminelle werden könnte, ist bekanntlich nicht neu. Bei einem Versuch in Süddeutschland gelang es unlängst einem IT-Spezialisten, die Kontrolle über ein Narkosegerät zu erlangen und alle Funktionen zu blockieren. Etwa zeitgleich, Ende Juli, forderte die US-Überwachungsbehörde FDA alle Gesundheitsinstitutionen dazu auf, eine bestimmte Insulinpumpe nicht mehr zu verwenden – denn das Gerät könnte zu einfach aus der Ferne manipuliert werden. 
Und 2012 warnte ein Bericht für den Kongress in Washington vor den gewaltigen Sicherheitsproblemen, die implantierte Geräte mit Stromversorgung und Funkverbindung wie Herz- oder Gehirnschrittmacher, Defibrillatoren oder Insulinpumpen bieten werden.

Was wissen wir überhaupt?

Klar ist auf der anderen Seite aber auch: Man hat es erst mit gut gemachten und gut gemeinten Warnungen zu tun.
Konkrete Fälle, bei denen durch Fern-Kontrolle ein Patient geschädigt wurde, wurden bislang nicht bekannt. Wobei das Wissenschaftsmagazin «Telepolis» allerdings wieder eine bedenkenswerte Frage in den Raum stellte: Werden Todesfälle je daraufhin untersucht, ob ein involviertes Medzinaltechnik-Gerät gehackt wurde?
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Auch die Waadtländer Spitäler setzen auf Epic

Es war kaum anders zu erwarten: Das Universitätsspital Lausanne und elf regionale Kliniken übernehmen das amerikanische Klinikinformationssystem Epic.

image

Was unsere Fingernägel über unsere Ernährung verraten

Eine Studie der Hochschule Fulda zeigt erstmals im Detail, wie zuverlässig Mineralstoffmuster in Nägeln den Ernährungsstil abbilden können.

image

Hospital-at-Home kommt ans linke Zürichseeufer

Ab sofort können Patienten am linken Zürichseeufer über das See-Spital Horgen, die Hospital at Home AG und die Spitex Horgen-Oberrieden zu Hause statt im Spital behandelt werden.

image

Diese 29 Erfindungen machen die Medizin smarter

Das US-Magazin «Time» kürte die wichtigsten Innovationen des Jahres aus dem Gesundheitswesen. Die Auswahl zeigt: Fortschritt in der Medizin bedeutet heute vor allem neue Schnittstellen zwischen Mensch, Maschine und Methode.

image

KSGR: Frauenklinik führt 4-Tage-Woche ein

Die Frauenklinik Fontana des Kantonsspitals Graubünden führt eine 4-Tage-Woche ein: 42 Stunden werden auf vier Tage verteilt, das Gehalt bleibt unverändert. Andere Spitäler sehen das Modell skeptisch.

image

Zu teuer: KSGR streicht Cloud-Projekt

Das Bündner Kantonsspital wird eines seiner Rechenzentren nicht wie geplant durch die Cloud ersetzen – die Kosten sind zu hoch.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.