Spina Bifida tritt glücklicherweise selten auf. Etwa zehn Kinder sind jährlich davon betroffen. Und doch ist der offene Rücken nach dem Herzfehler das zweithäufigste Geburtsgebrechen. Die fötale Chirurgie ermöglicht eine Verbesserung der Lebensqualität für die Betroffenen. Doch wer bezahlt diesen komplizierten Eingriff? Die IV, die Krankenkasse oder weder noch?
Das wollte der Berner BDP-Ständerat Werner Luginbühl vom Bundesrat wissen. Er reichte dazu anfangs März eine Interpellation ein und stellte dem Bundesrat unter anderem folgende Fragen:
- Bestehen bereits Bestrebungen im Gesetzgebungsprozess, damit die pränatale/fötale Operation gleich behandelt beziehungsweise finanziert wird, wie die postoperative Operation?
- Falls ja, ist beabsichtigt, die Finanzierung via Änderung des Invalidenversicherungsgesetzes oder des Krankenversicherungsgesetzes vorzunehmen?
Bundesrat: «eine Pflichtleistung»
Die Antwort des Bundesrats kam schnell. In der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) sei die pränatale Operation der Spina Bifida nicht geregelt, schreibt der Bundesrat in seiner Antwort auf die Interpellation Luginbühl. Dennoch erfolgte für diese Operation «grundsätzlich eine Kostenübernahme durch die Krankenversicherung.» Dabei gehe die Kostenübernahme aufgrund bundesrechtlicher Rechtssprechnung zu Lasten der Versicherung der Mutter. Daher sehe der Bundesrat keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.
Sehen das auch die Krankenversicherer so? Die CSS will sich nicht auf dem Fenster lehnen und erklärt auf Anfrage, man sei noch nie mit einem solchen Fall konfrontiert worden. Ähnlich die Auskunft der Swica Krankenkasse.
Helsana: «keine Pflichtleistung»
Demgegenüber erklärt die Helsana: «Die pränatale OP im Falle des Geburtsgebrechens Spina Bifida ist keine Pflichtleistung nach KVG. Folglich findet im Falle eines Kostengutsprachegesuchs immer eine Einzelfallbeurteilung statt.» Eine kurze Recherche habe aber ergeben, dass bei Helsana in den letzten vier Jahren keine Gesuche für eine Kostengutsprache eingegangen seien. Bekannt seien aber zwei Fälle aus den Jahren 2012 und 2013: In beiden Fällen habe Helsana die Kostengutsprache gutgeheissen.
Die IV ist erst nach der Geburt zuständig
Demgegenüber hält der Bundesrat fest, dass die Invalidenversicherung die Leistungen nicht übernehmen könne, weil sie aufgrund des Manfestationsprinzips erst nach der Geburt zuständig sei.
Werner Luginbühl gibt sich mit der Antwort des Bundesrats nur teilweise zufrieden. Dies mit der klaren Erwartungshaltung, dass das BAG nun die Krankenversicherer konsequent anweist, diese Kosten ohne wenn und aber zu übernehmen. Ansonsten werde er eine Motion zur Änderung des IV-Gesetzes einreichen.
Schliesslich würde eine postnatale Operation auch von der IV bezahlt, weil es sich offiziell um ein Geburtsgebrechen handelt. Die pränatale Operation unterscheide sich ja von der postnatalen Operation nur durch den Zeitpunkt.
Pränatal statt postnatal
BDP-Ständerat Werner Luginbühl stützt sich in seiner Interpellation auf Aussagen von Professor Martin Meuli. Der Direktor der Chirurgischen Klinik Zürich sagt, die pränatale Operation müsste zum Standard werden. Und dies, weil die Schädigung bei Offenem Rücken vor allem durch die mechanische Reibung im Mutterleib und durch die toxische Wirkung des Fruchtwassers hervorgerufen werde. Mit dem pränatalen Eingriff reduziere sich der Wahrscheinlichkeit für einen Wasserkopf von 90 auf 50 Prozent.