Ein Chirurg verwechselt zwei Patientinnen – und dabei verliert eine der Frauen ihre Brüste: In diesem aufsehenerregenden Fall hat die Tessiner Staatsanwaltschaft nun angekündigt, eine breite Untersuchung zu führen.
Nicht bloss der Arzt, sondern alle am Eingriff beteiligten Personen und die Klinikleitung würden befragt und untersucht, so ein Sprecher der
Staatsanwaltschaft in Lugano gegenüber dem
«Corriere del Ticino». Insgesamt zwei Strafanzeigen seien bislang in diesem Fall eingereicht worden.
Am Freitag wurde bekannt, dass einer 67jährigen Frau in der Privatklinik Sant'Anna in Soregno fälschlicherweise beide Brüste amputiert worden waren. Der Patientin sollte ein kleiner Tumor entfernt werden, doch der behandelnde Belegarzt nahm eine
mastectomia totale bilaterale vor. Seine Erklärung: Der Tumor hatte sich stärker ausgebreitet als angenommen. Doch in Tat und Wahrheit hatte er die Frau aus dem Sottoceneri mit einer anderen Patientin verwechselt.
«...ob sie etwas verschwieg»
Zwei mögliche Delikte stünden im Vordergrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen: schwere Körperverletzung und Dokumentenfälschung, erfuhr der «Corriere del Ticino». Der zweite Verdacht entstand, weil der Chirurg offenbar auch im Operations-Rapport niederschrieb, dass die doppelte Brustamputation medizinisch indiziert gewesen sei. Erst im November wurde die Patientin dann wahrheitsgemäss über den Fehler informiert.
Auf dem Informations-Verhalten scheint denn ein Fokus der ermittelnden Staatsanwälte zu liegen. Man werde die Untersuchung auf alle ausweiten, die vom Vorfall wussten, sagte Behördensprecher Saverio Snider. Dabei werde man versuchen festzustellen, «ob die Leitung des Spitals davon wusste, ob sie etwas verschwieg und, falls ja, ab welchem Zeitpunkt sie etwas verschwieg.»
- «Sant'Anna: inchiesta a tutto campo», in: «Corriere del Ticino»