Ärzte und Pharma: Für ein paar Dollar mehr

2,4 Milliarden Dollar: So viel schüttete die Pharmaindustrie 2015 an amerikanische Ärzte aus. Fast die Hälfte aller Mediziner erhält Zahlungen. Besonders empfänglich sind die Chirurgen.

, 9. Mai 2017 um 07:57
image
  • ärzte
  • pharma
  • wirtschaft
Verschreiben Ärzte ein teures Medikament, steht immer auch die Frage im Raum, wie viel sie damit verdienen - als Zuwendungen von der Pharmaindustrie. 
In der Debatte um Interessenskonflikte zwischen Ärzten und Medikamentenherstellern legt nun eine im Fachjournal «Jama» veröffentlichte Untersuchung neue Daten vor. 
Danach bezogen 449'964 Ärzte, mithin knapp die Hälfte der amerikanischen Ärzteschaft, im Jahr 2015 von den Medikamentenherstellern insgesamt 2,4 Milliarden Dollar. Chirurgen erhielten höhere Zahlungen als Grundversorger, Männer höhere als Frauen. 
Kathryn R. Tringale, Deborah Marshall, TIm Mackey et al.: «Types and Distribution of Payments From Industry to Physicians in 2015» - in: «JAMA», Mai 2017

6'879 Dollar pro Chirurg

Die Autoren verglichen die zugelassenen US-Ärzte mit den in der Datenbank «Open Payment Report» veröffentlichten Gehältern. Es handelt sich insgesamt um 933'295 Mediziner, davon 66 Prozent Männer und 34 Prozent Frauen. 
Die wichtigsten Resultate:

  • Von den 2,4 Milliarden Doller entfielen 1,8 Milliarden auf generelle Zahlungen, 544 Millionen Dollar auf ownership interests wie Aktien und Optionen und 75 Millionen auf Forschungszuschüsse.
  • 48 Prozent aller Grundversorger bezogen Zahlungen; diese lagen im Schnitt bei 2'227 Dollar. 
  • Besonders empfänglich für Zuschüsse sind die Chirurgen. 61 Prozent aller Chirurgen erhielten Gelder der Medikamentenhersteller. Diese lagen im Schnitt bei 6'879 Dollar. 
  • Männer sind häufiger Zahlungsempfänger als Frauen.
  • Die fünf Ärzte mit den höchsten Zahlungen erhielten zwischen August 2013 und Dezember 2015 insgesamt über 28 Millionen Dollar. 

138 Millionen in der Schweiz

In der Schweiz veröffentlichen die Pharmafirmen seit Sommer 2016, welche Summen sie welchen Ärzten überweisen. Allerdings machen nicht alle Unternehmen mit, und den Ärzten ist es freigestellt, ob ihre Gelder publiziert werden. Rund 30 Prozent nehmen teil. 
Die Zeitschrift «Beobachter» hat die Daten in einer öffentlich zugänglichen Datenbank zusammengetragen. Fürs Jahr 2015 fanden sich rund über 138 Millionen Franken, die an Leistungserbringer im Schweizer Gesundheitswesen verteilt wurden. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Spitäler entsorgen Fentanyl unbürokratisch

In Schweizer Spitälern werden jährlich Zehntausende von Ampullen Fentanyl gebraucht. Die Reste werden entsorgt – ohne Dokumentation.

image

Weniger Kosten nach Neueinstufung der Medikamente

Die Umteilung bestimmter Heilmittel hat nur einen Viertel von dem gekostet, was die Hersteller prophezeit haben.

image

Weniger Umsatz mit neuen Medikamenten - dafür mehr mit Generika

Der Generika-Umsatz in der Schweiz knackte 2024 mit 1,05 Milliarden Franken erstmals die Milliarden-Grenze.

image

BFS-Studie: Milliarden für Forschung und Entwicklung

2023 investierten Schweizer Privatunternehmen knapp 18 Milliarden Franken in Forschung und Entwicklung. Gesundheit bleibt der wichtigste Fokus.

image

Forschung und Praxis: Synergien für die Zukunft

Dr. Patrascu erklärt im Interview die Verbindung von Forschung und Praxis an der UFL. Er beschreibt die Vorteile des berufsbegleitenden Doktoratsprogramms in Medizinischen Wissenschaften und zeigt, wie die UFL durch praxisnahe Forschung und individuelle Betreuung Karrierechancen fördert.

image

Münchner Arzt vor Gericht wegen Sex während Darmspiegelung

Ein Arzt soll während Koloskopien 19 Patientinnen sexuell missbraucht haben. Er sagt, die Vorwürfe seien erfunden und eine Intrige.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.