Gestern war
hier zu lesen, was die Klinik Adelheid in Unterägeri unternimmt, um für das Personal attraktiv zu sein und neue Fachkräfte anzulocken. Sie hatte in ihrer Kategorie den «Swiss Arbeitgeber Award» gewonnen.
Heute wagen wir einen Blick über die Grenze, genauer in die USA, wo sich die Spitäler offenbar allerhand einfallen lassen im Kampf um die raren Gesundheitsprofis. Laut der American Nursing Association fehlen in den USA bis in fünf Jahren rund eine Million Pflegefachkräfte, um die wachsende Zahl der älteren Bevölkerung zu pflegen und die Beschäftigten zu ersetzen, die in Pension gehen.
Abgelegene Zentren betroffen
US-Gesundheitsorganisationen haben nicht nur Mühe, neue Mitarbeitende zu gewinnen, sondern auch, die bestehenden zu behalten. Verschiedentlich mussten wegen Personalnot Abteilungen geschlossen werden oder sogar ein ganzes Haus wie im Fall eines Spitals in Nebraska. Einrichtungen in abgelegenen Gebieten sind besonders betroffen.
Das US-Branchenportal
«Statnews» wolle es genau wissen und fragte bei Spitälern und Gesundheitsorganisationen nach - mit überraschenden Ergebnissen. Angesichts der Personalnot seien Spitaldirektoren so kreativ wie nie, heisst es, um potenzielle Arbeitskräfte anzulocken.
Dabei wird in den häufig nicht-gewinnorientierten Gesundheitszentren mit Begriffen hantiert, die man bisher vor allem von der Corporate World her kennt. Es ist von Bonuszahlungen, Antrittsprämien und Darlehensprogrammen die Rede.
Antrittsprämie plus Ford Mustang
Wurden noch vor kurzem Antrittszahlungen in vierstelliger Höhe gezahlt, sind in den USA nun fünfstellige Summen gang und gäbe. In einem Fall wird Stellenbewerbern sogar ein Ford Mustang Cabriolet 2017 in Aussicht gestellt, der in den USA für rund 30'000 Dollar zu haben ist.
Es handelt sich um das Pikeville Medical Center im Bundesstaat Kentucky, das im Zuge einer Expansion schlagartig mehr Personal brauchte. Bewerbern wird nicht nur ein Antrittsbonus von 25'000 Dollar gezahlt, sie erhalten auch die Möglichkeit, an einer Verlosung für besagten Sportflitzer teilzunehmen.
Der Haken: Die Kandidaten müssen einen Fünf-Jahres-Vertrag unterschreiben, und der Bonus wird nicht auf einmal, sondern schrittweise ausbezahlt. Er verfing trotzdem: Das Programm half, über 300 Pflegefachpersonen zu rekrutieren; insgesamt werden 700 beschäftigt.
Pflegeausbildung für alle Angestellte
Am wirkungsvollsten für die Personalgewinnung und Jobperspektiven erweisen sich allerdings nicht monetäre Incentives, sondern die langfristige Förderung der Mitarbeitenden mit Aus- und Fortbildungsprogrammen.
Auch da gibt es unkonventionelle Methoden: Die Medical City Healthcare in Dallas (Texas) bietet sämtlichen Angestellten oder Freiwilligen der Organisation eine kostenlose Ausbildung zur Pflegefachperson an. Die Mitarbeitenden müssen sich einzig verpflichten, zwei Jahre nach Erlangung des Diploms in der Organisation weiterzuarbeiten. Insgesamt 300 Mitarbeitende haben die Ausbildung durchlaufen, wovon 80 Prozent immer noch im Spital arbeiten.
Freie Logis
Auch im Fall der Gesundheitsorganisation WV Medicine in Morgantown (West Virginia) zogen herkömmliche Anreize wie Antrittsprämien, Überstundenentschädigung und flexible Arbeitszeiten nicht mehr. Wohl auch darum, weil die Gegend sehr abgelegen ist.
Ende 2015 sollten dort im Zuge des Ausbaus 200 Pflegepersonen rekrutiert werden, was allerdings völlig illusorisch war. Also musste sich Direktor Doug Mitchell etwas einfallen lassen. Er mietete ein Apartmenthaus, das er den Angestellten kostenlos zur Verfügung stellt.
Es wirkte, allerdings laut Mitchell nur als Initialzündung, um die Arbeitskräfte überhaupt in die Gegend zu locken. Viel wichtiger als das Angebot sei es, die Angestellten ständig gut zu behandeln, damit sie auch dauerhaft bleiben.