Nun zeigt sich, wie tödlich Corona in der Schweiz ist

Die Kurve der Todesfälle in der Schweiz schiesst derzeit in die Höhe. So steil wie noch nie. Und in einer unüblichen Saison.

, 8. April 2020 um 06:47
image
  • politik
  • coronavirus
  • statistik
Wer bisher glaubte, dass das Coronavirus nicht schlimmer sei als die üblichen Grippenwellen, welche die Schweiz jedes Jahr heimsuchen, täuscht sich. Die Todesfall-Zahlen, welche das Bundesamt für Statistik (BFS) herausgibt, zeigen: So krass in die Höhe geschossen ist die Zahl der Toten in der Schweiz noch nie.

Die «Übersterblichkeit» ist hoch

Die Statistiken zeigen, wann eine so genannte «Übersterblichkeit» vorliegt. Das heisst: Wann in der Schweiz unüblich viele Menschen sterben. Das ist bei den über 65-Jährigen seit dem 23. März der Fall. Seit dem 29. März sterben nun auch die Jüngeren etwas häufiger als sonst.
Die Zahlen werden noch weiter steigen. Das BFS beobachtet nämlich einen weiteren Anstieg der Todesfälle in den letzten Tagen.

Grün zeigt die Bandbreite der erwartbaren Todesfallzahlen

Die Grafik ist einfach interpretierbar. Grün heisst: In dieser Bandbreite liegt normalerweise die Zahl der Todesfälle in der Schweiz. Darin eingerechnet sind die üblichen Grippetoten. Deshalb bildet die grüne Fläche bei den älteren Menschen Anfang Jahr eine Kurve, bei den Jüngeren bleibt sie das ganze Jahr über relativ konstant.
Die «Normalzahl» berechnen die Statistiker aufgrund der Entwicklung in den vorangegangenen fünf Jahren. Bei der Ermittlung der saisonalen Verteilung der Todesfälle blicken die Statistiker auf den Medianwert der vergangenen zehn Jahre zurück. Das heisst: Die Berechnung der erwarteten Zahl der Todesfälle entspricht nicht einfach einem Durchschnittswert, sondern berücksichtigt die Veränderung der Bevölkerung von Jahr zu Jahr sowie zufällige Schwankungen.
Dass das Coronavirus kein normales Grippevirus ist, zeigt auch der Vergleich mit anderen Jahren. So hat die Grippe letztes Jahr auch zu etwas mehr «Übersterblichkeit» geführt. Aber bei weitem nicht so stark wie das Coronavirus.

image
Letztes Jahr gab es im Februar und Anfang März auch etwas mehr Grippetote als üblich. Doch die Kurve verlief sanft. | Quelle: Bundesamt für Statistik BFS
image
2017 gab es Anfang Jahr eine starke Grippe mit vielen zusätzlichen Toten, wie die schwarze Kurve zeigt. Doch im Vergleich zur aktuellen Kurve war der Anstieg weniger steil. | Quelle: Bundesamt für Statistik BFS
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Bundesrat: Mehr Massnahmen gegen ärztliche Gefälligkeitszeugnisse unnötig

«Ein Generalverdacht gegenüber der Ärzteschaft wäre verfehlt», findet der Bundesrat. Er will nicht intensiver gegen falsche Arztzeugnisse vorgehen.

image
Gastbeitrag von Felix Schneuwly

Eingebildete Explosionen und teure Luftschlösser

Jedes Jahr gibt es dieselbe Diskussion über steigende Gesundheitskosten. Und jedes Jahr die gleichen Rezepte: Einheitskasse, mehr Staat, Pauschalbudgets. Diesmal alles auch in Buchform.

image

Spitallisten: Druck auf Kantone nimmt zu

Wie der Ständerat macht auch der Nationalrat Druck, damit die Kantone die Spitalplanung und die Leistungsaufträge aufeinander abstimmen.

image

Medikamente: Nationalrat lehnt einfachere Zulassung ab

Im Unterschied zum Ständerat will der Nationalrat nichts wissen von einer erleichterten Einfuhr patentabgelaufener Medikamente.

image

Ärzte aus der EU: Hier droht ein Regelkonflikt

Darf die Schweiz von EU-Ärzten auch in Zukunft noch Sprachkenntnisse und Erfahrung verlangen? Die SVP will dazu Antworten vom Bundesrat.

image

Gesundheitsverbände bauen politischen Druck auf

Mit einer Grossdemonstration machen Berufsverbände und Gewerkschaften im November ihre Forderungen sichtbar. Sie pochen auf mehr Personal und eine solidere Finanzierung von dessen Ansprüchen.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.