Neuenburg: Massenexodus von Ärzten

7 Mediziner haben beim Hôpital neuchâtelois gekündigt – und 14 weitere Ärzte gaben bekannt, eine vereinbarte Stelle nicht antreten zu wollen. Die Leitung der Neuenburger Kantonsspital-Gruppe wittert politische Gründe.

, 1. Juni 2017 um 14:46
image
  • hôpital neuchâtelois
  • spital
  • personalmangel
Es ist ein eigenartiges Phänomen: Die Leitung des Neuenburger Kantonsspitals HNE ging gestern von sich aus an die Öffentlichkeit, um ein Personalproblem aufzuwerfen. Man habe in den letzten drei Monaten sieben Kündigungen von Ärzten erhalten; hinzu kommen weitere sieben medizinische Fachleute, die das Haus ebenfalls verlassen wollen.
Und das war noch nicht alles: Im gleichen Zeitraum hätten insgesamt 14 Ärzte – teils ausgebildet, teils Assistenzärzte – mitgeteilt, dass sie eine vereinbarte Stelle nicht antreten werden.

«Nicht mit ihrer Vision im Einklang…»

Speziell ist dabei auch die Begründung: Pauline de Vos Bolay, die Präsidentin des Hôpital neuchâtelois, zeichnete in mehreren Medien einen direkten Zusammenhang zur Volksabstimmung vom Februar. Damals beschlossen die Stimmbürger von Neuenburg, dass die beiden Akutspitäler im Kanton nicht zusammengelegt werden sollen. Das heisst: Sowohl der Hauptstandort in Neuenburg als auch das Spital in La Chaux-de-Fonds sollen weitergeführt werden; es gibt vorerst kein grosses Zentrumsspital.
Und dies wiederum kam beim Personal offenbar schlecht an. Wie de Vos Bolay auf «Arcinfo» und im welschen Fernsehen RTS sagte, hätten die meisten jener Aussteiger erklärt, «dass sie uns verlassen – oder nicht kommen werden –, weil es kein Projekt gibt für unser Spital.»
Oder aber die Ärzte hätten mitgeteilt, dass das Szenario der siegreichen Volksinitiative vom 12. Februar «nicht mit ihrer Vision der Spitalmedizin im Einklang stehe».

Gesucht: Alles – vom Assistenzarzt bis zum Klinikchef

Die Kündigungen und Stellen-Lücken werden in den nächsten Monaten spürbar, so dass das HNE nun dringend auf Neuengagements angewiesen ist. Auf dem eigenen Stellenportal werden unter anderem zwei Klinikchefs, ein Chefarzt und diverse Assistenzärzte gesucht. 
Die «Ausblutung» könne nur gestoppt werden, wenn es gelinge, die Verunsicherung der Mitarbeiter zu beenden, sagte die Präsidentin auf dem lokalen TV-Sender RTN. Umso nötiger sei es, baldmöglichst die grossen Züge der Weiterentwicklung der Kantonsspital-Gruppe aufzeigen zu können – idealerweise bis zum Herbst.
Ganz ohne Fragen bleibt diese Erklärung dennoch nicht. Denn selbst wenn sich die Regierung mit ihrem Plan durchgesetzt hätte, ein modernes Zentralspital zu errichten, so hätte dies die heutigen Mitarbeiter bis auf weiteres kaum betroffen. Klar war damals nämlich auch, dass die neue Struktur erst innert 5 bis 10 Jahren umgesetzt werden könnte.  
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Neuer Leistungsauftrag für die Oberwaid

Die Klinik Oberwaid ist neu auch mit muskuloskelettaler Rehabilitation auf der Spitalliste der Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. So kann die Oberwaid auch in diesem Fachgebiet grundversicherte Patienten behandeln und leistet einen wichtigen Beitrag in der Region.

image

Zurück in die Vergangenheit: Spitäler wollen Geld vom Kanton

An sich sollten die Kantone ihre Spitäler nicht mehr finanzieren. Doch immer häufiger zahlen die Regierungen trotzdem – und verzerren möglicherweise den Wettbewerb.

image

Luzerner Kantonsspital braucht wohl bald Geld

Die Höhenklinik des Spitals machte 180'000 Franken Verlust - pro Monat. Die Kantonsregierung rechnet damit, dass das Kantonsspital Hilfe braucht.

image

Spital Samedan gehört bald zum Kantonsspital Graubünden

Dadurch werden wohl einzelne Stellen neu ausgerichtet oder aufgehoben. Andererseits dürften in den medizinischen Bereichen rund 20 zusätzliche Stellen entstehen.

image

100 Millionen Franken? Danke, nicht nötig.

Der Kanton Graubünden plante einen Rettungsschirm für notleidende Spitäler und Gesundheits-Institutionen. Die Idee kam schlecht an.

image

LUKS Gruppe baut Verwaltungsrat um

Elsi Meier, Giatgen A. Spinas und Pauline de Vos verlassen das Gremium. Die Nachfolge-Suche hat bereits begonnen.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.