Es ist ein eigenartiges Phänomen: Die Leitung des Neuenburger Kantonsspitals HNE ging gestern von sich aus an die Öffentlichkeit, um ein Personalproblem aufzuwerfen. Man habe in den letzten drei Monaten sieben Kündigungen von Ärzten erhalten; hinzu kommen weitere sieben medizinische Fachleute, die das Haus ebenfalls verlassen wollen.
Und das war noch nicht alles: Im gleichen Zeitraum hätten insgesamt 14 Ärzte – teils ausgebildet, teils Assistenzärzte – mitgeteilt, dass sie eine vereinbarte Stelle nicht antreten werden.
«Nicht mit ihrer Vision im Einklang…»
Speziell ist dabei auch die Begründung: Pauline de Vos Bolay, die Präsidentin des Hôpital neuchâtelois, zeichnete in mehreren Medien einen direkten Zusammenhang zur Volksabstimmung vom Februar. Damals beschlossen die Stimmbürger von Neuenburg, dass die beiden Akutspitäler im Kanton nicht zusammengelegt werden sollen. Das heisst: Sowohl der Hauptstandort in Neuenburg als auch das Spital in La Chaux-de-Fonds sollen weitergeführt werden; es gibt vorerst kein grosses Zentrumsspital.
Und dies wiederum kam beim Personal offenbar schlecht an. Wie de Vos Bolay auf
«Arcinfo» und im welschen
Fernsehen RTS sagte, hätten die meisten jener Aussteiger erklärt, «dass sie uns verlassen – oder nicht kommen werden –, weil es kein Projekt gibt für unser Spital.»
Oder aber die Ärzte hätten mitgeteilt, dass das Szenario der siegreichen Volksinitiative vom 12. Februar «nicht mit ihrer Vision der Spitalmedizin im Einklang stehe».
Gesucht: Alles – vom Assistenzarzt bis zum Klinikchef
Die Kündigungen und Stellen-Lücken werden in den nächsten Monaten spürbar, so dass das HNE nun dringend auf Neuengagements angewiesen ist. Auf dem
eigenen Stellenportal werden unter anderem zwei Klinikchefs, ein Chefarzt und diverse Assistenzärzte gesucht.
Die «Ausblutung» könne nur gestoppt werden, wenn es gelinge, die Verunsicherung der Mitarbeiter zu beenden, sagte die Präsidentin auf dem lokalen
TV-Sender RTN. Umso nötiger sei es, baldmöglichst die grossen Züge der Weiterentwicklung der Kantonsspital-Gruppe aufzeigen zu können – idealerweise bis zum Herbst.
Ganz ohne Fragen bleibt diese Erklärung dennoch nicht. Denn selbst wenn sich die Regierung mit ihrem Plan durchgesetzt hätte, ein modernes Zentralspital zu errichten, so hätte dies die heutigen Mitarbeiter bis auf weiteres kaum betroffen. Klar war damals nämlich auch, dass die neue Struktur erst innert 5 bis 10 Jahren umgesetzt werden könnte.