Mitarbeiter-Anzahl pro Bett in der Schweiz verdoppelt

In den vergangenen 20 Jahren ist die Beschäftigtenzahl pro Spital und Bett stark angestiegen. Was sind die Gründe?

, 30. Juli 2020 um 05:27
image
  • spital
  • pflege
  • ärzte
Im Jahr 1998 gab es in der Schweiz insgesamt 378 Spitäler und Kliniken, 97 mehr als 2018. Ein wichtiger Grund für die Abnahme der Anzahl Spitäler ist die Fusion von Spitalbetrieben. Der Rückgang der Anzahl Spitäler täuscht wegen der Zusammenlegung von Spitälern aber einen etwas stärkeren Strukturwandel vor, wie Analyst Patrick Hasenböhler von der Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einer aktuellen Studie schreibt.
Die aktuell 281 Spitäler waren 2018 an 580 Standorten tätig. Inzwischen sind über ein Viertel der Spitäler mehreren Standorten zugeordnet. Die Spezialisten gehen davon aus, dass die Zahl der Standorte über die vergangenen Jahre deutlich weniger stark abgenommen hat als die Anzahl Spitäler. Für eine statistische Untermauerung fehle jedoch eine mehrjährige Datengrundlage.

Starker Anstieg der Beschäftigtenzahl fällt auf

Der Strukturwandel wird besser durch die Entwicklung der Bettenanzahl reflektiert, wie der ZKB-Analyst in seinem Papier weiter schreibt. Während die Anzahl Spitäler gemäss offiziellen Zahlen vom Bundesamt für Statistik (BFS) zwischen 1998 und 2018 um 26 Prozent zurückging, reduzierte sich die Zahl der Betten im gleichen Zeitraum lediglich um 16 Prozent: von 45 189 auf 37 956. Seit 2015 stagniert die Bettenanzahl sogar.
Hingegen fällt der starke Anstieg der Beschäftigtenzahl pro Spital auf. Auch die Anzahl der Mitarbeitenden pro Spitalbett ist zwischen 1998 und 2018 substanziell von 2.1 auf 4.3 angestiegen, wie ein Blick in die Statistik zeigt (Ergänzung: Die Anzahl Pflegende sowie Ärzte pro Spitalbett hat sich ebenso verdoppelt). Eine Erklärung dafür dürfte laut Hasenböhler der starke Anstieg der ambulanten Konsultationen sein. Hierzu liegen jedoch erst Daten ab 2013 vor: Zwischen 2013 und 2018 nahmen diese um 23 Prozent zu.

image
Entwicklung der Anzahl Spitäler sowie die Betten und Beschäftigtenzahl pro Spital. | Screenshot ZKB

Experten nennen weitere Gründe

Ein weiterer Grund könnte die Verkürzung der Aufenthaltsdauer bei den stationären Aufenthalten sein, erklärt Gesundheitsökonom Willy Oggier gegenüber Medinside. Durch die Verkürzung habe sich die Leistungen in den verbleibenden Tagen verdichtet, da ja die weniger aufwändigen Tage am Schluss wegfallen, so Oggier. Die Personen könnten auch früher entlassen werden, weil beispielsweise die Spitex in den letzten Jahrzehnten ausgebaut worden sei, vor allem nachts, mit Spezialdiensten und an Wochenenden.
Dieser Grund zieht auch Jérôme Cosandey von Avenir Suisse als mögliche Erklärung für den starken Anstieg der Beschäftigtenzahl heran. Und wie Oggier nennt der Forschungsleiter beim Think Tank zudem das Durchschnittsalter einer alternden Gesellschaft als weiteren möglichen Grund für den starken Anstieg der Beschäftigtenzahl. Denn ältere Menschen weisen laut den beiden Experten in der Regel eine höhere Wahrscheinlichkeit für Spitalaufenthalte auf, die in der Regel auch mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von Mehrfacherkrankungen einhergeht, die überwacht werden müssten. 
Grafik am 30. Juli 2020, 11:00 Uhr, ergänzt (siehe Kommentare unten): 
image
Eigene Darstellung (Datenquelle: BFS)
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Stephan Bachmann wird Präsident von Curaviva Basel-Stadt

Der ehemalige Direktor von Rehab Basel löst im kommenden Jahr Veronica Schaller ab.

image

Eine Zusammenarbeit, vernetzt wie das Gefässsystem

Wie in den meisten anderen medizinischen Fachbereichen setzt das Spital Lachen auch in seinem Gefässzentrum auf eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie garantiert den Patientinnen und Patienten eine professionelle und ganzheitliche Diagnostik, Behandlung und Nachbehandlung.

image

Ein Jahr «Bülacher Modell»: Positive Auswirkungen auf Personal und Kosten

69 Prozent weniger Fluktuation, 1,2 Millionen Franken gespart, 90  Prozent zufriedenere Mitarbeitende: Das Spital Bülach zog eine Bilanz.

image

Pflegeoffensive in Zürich: Weniger Fluktuation, mehr Nachwuchs

Drei Jahre nach dem Start des Programms «Stärkung Pflege» zieht die Stadt Zürich Bilanz: Die Pflegeberufe seien spürbar attraktiver geworden.

image

Ressourceneffizienz bei Schweizer Spitälern

Interview von Unite mit Andrea Raida M.Sc., Projektleiterin Health Care Logistics am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, über Ergebnisse des Forschungsprojekts «Green Hospital»

image

«Keine taugliche Lösung»: Spitäler fürchten Milliardenkosten wegen Pflege-Initiative

Spitäler und Heime fordern, dass der Bundesrat die Finanzierung der Mehrkosten für die besseren Arbeitsbedingungen in der Pflege klar regelt.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.