«Multiple Sklerose: So riskant sind neue Medikamente»: Das war der Titel eines Artikels, den die Zeitschrift «Gesundheitstipp» Anfang Jahr veröffentlicht hat.
Prädikat «nicht empfehlenswert»
Die Zeitschrift warnte: «Fast jedes Jahr kommen neue Medikamente zur Behandlung von Multipler Sklerose auf den Markt. Risiken zeigen sich erst mit der Zeit. Experten empfehlen bewährte Therapien.»
Dazu veröffentlichte der «Gesundheitstipp» eine Tabelle mit der Bewertung von zehn Medikamenten. Sechs davon wurden als nicht empfehlenswert bezeichnet.
Es drohen 50 000 Franken Busse
Das ging Swissmedic zu weit. Die Heilmittelbehörde schickte dem Verlag eine Verfügung. Darin verbot Swissmedic der Redaktion, den Artikel über MS-Medikamente weiterhin im Internet oder auf Papier öffentlich zugänglich zu machen. Bei Zuwiderhandlungen droht die Behörde mit einer Busse bis zu 50’000 Franken.
Der «Gesundheitstipp» will den Artikel aber auf keinen Fall löschen – sondern hat ihrerseits gegen Swissmedic Beschwerde eingereicht. Der Fall liegt nun beim Bundesverwaltungsgericht. «Die Verfügung von Swissmedic ist eine Form der Zensur», findet die Zeitschrift.
«Keine Zensur», sondern rechtmässig
Swissmedic distanziert sich von einem solchen Vorwurf, wie Swissmedic-Sprecher Alex Josty gegenüber Medinside betont. Die Behörde ist überzeugt davon, dass der Artikel gegen die heilmittelrechtlichen Werbevorschriften verstosse.
Sie sei «von dritter Seite» auf den möglichen Verstoss gegen die Arzneimittel-Werbeverordnung aufmerksam gemacht worden. Ob das ein Pharma-Unternehmen war, sagt Swissmedic nicht. Jedenfalls kam Swissmedic bei der Prüfung zum Schluss: Der Artikel sei keine zulässige objektive Information über Arzneimittel.
Und zwar aus folgenden Gründen:
- Die Zeitschrift hat einige der Medikamente und Therapien «in negativer Weise und risikobehaftet» dargestellt. Das bringe «unweigerlich eine Beeinflussung der Leser mit sich».
- Den beanstandeten Artikel hat nicht ein Neurologe, sondern ein Internist fachlich geprüft.
- Einige der im Bericht genannten Empfehlungen würden den offiziellen Leitlinien der Neurologen für Therapien der Multiplen Sklerose widersprechen.
- Der Text sei deshalb aus objektiver Sicht nicht mehr eine zulässige Information allgemeiner Art, sondern eine unzulässige Information mit Werbecharakter. Insofern sei der redaktionelle Beitrag «als Arzneimittelwerbung einzustufen». Werbung für rezeptpflichtige Medikamente sei aber verboten.
Der «Gesundheitstipp» wehrt sich gegen diese Aussagen.
- Werbung und Redaktion seien strikt getrennt. Für den Inhalt eines Beitrags lasse er sich nicht zahlen.
- Die Zeitschrift stütze sich auf Studien, Experten und die statistische Medizin – nicht auf Verkaufsprospekte der Pharmaindustrie.
- Die Redaktion sei in ihrer Bewertung unabhängig. Diese könne von der fachlichen Beurteilung durch Swissmedic abweichen. Denn für die Zulassung eines Medikaments benötige eine Pharmafirma lediglich Studien, die zeigen, dass es besser ist als ein Scheinmedikament. «Nicht entscheidend ist hingegen, ob das Medikament besser ist als andere bereits zugelassene. Oder wo die Vor- und Nachteile für die Patienten liegen.»
«Schlussendlich», so Josty, «werden nun die Gerichte entscheiden, ob und welche Elemente des Beitrags als unzulässige Arzneimittelwerbung zu qualifizieren sind.»