Auch im Corona-Jahr 2020 haben die Schweizer Spitäler den Krankenkassen über 6 Milliarden Franken verrechnet. Der Unterschied zum Vorjahr ist minim – es sind gerade mal 47 Millionen Franken weniger.
Forderungen der Spitäler nun vom Tisch?
Diese Zahlen präsentiert der Krankenkassenkassenverband Curafutura, der CSS, Helsana, Sanitas und KPT vertritt. Der Verband frohlockt. Denn die Spitäler rechneten mit Verlusten in Milliardenhöhe. «Das ist nun nicht eingetroffen. Forderungen bezüglich einer finanziellen Unterstützung durch die Prämienzahlenden sind damit vom Tisch», bilanziert Curafutura.
Matthias Müller von Santésuisse, dem grösseren der beiden Verbände, bestätigt die Zahlen: «Die Spitäler hatten im Lockdown durchaus einen Rückgang der Behandlungen zu verzeichnen. Sie haben ihn aber im Verlauf des Jahres wieder kompensiert.»
Doch warum klagen so viele Spitäler trotzdem über immense Verluste? Dafür gibt es drei Erklärungen:
Weniger Unfälle
Erstens: Die Suva verzeichnete 10 Prozent weniger Unfälle. Das heisst, dass die Spitäler auch weniger Unfallpatienten zu behandeln hatten. Geht man davon aus, dass Unfälle etwa 10 Prozent der Spitaleinnahmen ausmachen, ergibt das Mindereinnahmen von 1 Prozent.
Mehr Verluste bei den Zusatzversicherten
Zweitens: Curafutura beziffert nur die Spitalrechnungen, welche die Krankenkassen aus der Grundversicherung bezahlt haben. Es ist möglich, dass die Spitäler bei den Zusatzversicherten höhere Verluste gemacht haben, weil diese auf mehr Wahloperationen verzichtet haben.
Ineffiziente Abläufe
Drittens: Einige Spitäler, die nun hohe Verluste beklagen, arbeiten ineffizient. So lautet die These von Martin Bienlein, Berater im Gesundheits- und Sozialwesen. Ein Beispiel für ineffiziente Abläufe: Operationssäle werden mehrere Stunden belegt, obwohl der Eingriff selber nur kurz dauert. «Ineffiziente Spitäler haben eher Mühe damit, sich an die Krise anzupassen», vermutet Bienlein.
Es gibt sie: Die Gewinner im Corona-Jahr
Demgegenüber konnten effizient arbeitende Spitäler sämtliche Behandlungen innert kurzer Zeit nachholen. Deshalb wundert sich Bienlein auch nicht, dass es Spitäler gibt, die selbst im Coronajahr 2020 einen Gewinn schrieben.
Martin Bienleins Fazit: Als die Spitäler wieder ihren Betrieb aufnehmen durften, wurden die Spitäler dazu gezwungen, effizienter zu arbeiten und Abläufe zu optimieren. Was viele auch taten, um die verschobenen Behandlungen nachzuholen. «Sie haben nun die Chance, diese Optimierungen weiterzutreiben. Spitäler, die in die Vor-Covid-19-Zeit zurückgehen, werden die Zukunft nicht mehr erleben.»
Mehr Vorsorge für die nächste Krise
Bienlein ist auch überzeugt: «Unser Gesundheitswesen ist auf Schönwetter ausgerichtet.» Für weitere Krisen müssten die Spitäler bereits im Normalbetrieb mehr vorsorgen, etwa mit grösseren Materiallagern oder mit Krisentraining. Und – anders als die Krankenkassen – kommt er zum Schluss: «Für solche Leistungen müssten die Spitäler mehr Geld erhalten.»
Aargauer Spitäler klagen per Video über 100-Millionen-Loch
Allein der Kanton Aargau weist für seine Spitäler 46 Millionen Franken weniger Einnahmen und Mehrkosten von 54 Millionen Franken aus. Mit einer
Video-Botschaft an die Aargauer Politiker werben die Spitäler und Kliniken nun um Geld vom Kanton.