Es war vor ziemlich genau drei Jahren: Mitte September 2017 berichtet der «Kassensturz» vom Schweizer Fernsehen, wie die Visana ihren Maklern schöni Boni zahlt. Die Macher präsentieren Dokumente, wonach der Berner Krankenversicherer nicht nur für freiwillige Zusatzversicherungen, sondern auch für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) stolze Boni bezahlt. Bis zu 250 Franken pro Abschluss sollen es gewesen sein.
Visana-Präsident Lorenz Hess, Nationalrat der BDP, rechtfertigt dies mit der Behauptung, solche Boni seien branchenüblich, was aber andere Krankenversicherer umgehend bestreiten.
50 Franken maximum
Die Branche hat sich nämlich darauf geeinigt, Provisionen in der Grundversicherung auf 50 Franken zu beschränken. Doch Visana gehört zu jenen Kassen, die die entsprechende Vereinbarung nicht unterzeichnet haben.
Ein halbes Jahr nach der Sendung reicht der Kanton St. Gallen eine Standesinitiative ein. Darin wird die Bundesversammlung dazu eingeladen, das Krankenversicherungsaufsichtsgesetz so anzupassen, dass die Zahlungen von Provisionen in der Grundversicherung untersagt werden.
Der Nationalrat stimmt am Mittwoch dieser Forderung mit 96 zu 79 Stimmen zu. Dies ist bemerkenswert, weil eine Mehrheit der vorberatenden Kommission – wenn auch nur eine knappe - für ein Nein plädiert.
Es ist freilich nicht davon auszugehen, dass es soweit kommen wird. Der mit einigen Krankenkassen-Lobbyisten durchsetze Ständerat lehnte die Standesinitiative im Dezember 2018 ab. Denn es gibt gleichzeitig andere Vorstösse, die in die gleiche Richtung zielen.
«Die Forderung der St. Galler geht zu weit»
So erklärte die Zürcher FDP-Nationalrätin Regine Sauter im Nationalratssaal, für die Mehrheit der Kommission gehe die von der Standesinitiative erhobene Forderung nach einem generellen Verbot von Vermittlerprovisionen in der Grundversicherung zu weit. Eine massvolle Vergütung von Beratungsleistungen sollte weiterhin möglich sein.
Die Zürcherin verwies zudem auf einen Erlassentwurf, wonach der Bundesrat eine Branchenregelung für Vermittlerprovisionen in der Grund- und Zusatzversicherung für allgemeinverbindlich erklären und Sanktionen bei Nichteinhaltung vorsehen könne.
«Der Vorschlag der Bundesrats geht zu wenig weit»
Laut Barbara Gysi geht dies zu wenig weit. Der Bundesrat sieht nämlich vor, Vereinbarungen der Versicherer für verbindlich zu erklären, wenn zwei Drittel der Versicherer mitmachen. «Es können aber immer noch Provisionen bezahlt werden», sagte die St. Galler SP-Nationalrätin in der Ratsdebatte. «Es ist also keine vollständige Aufhebung, es ist höchstens eine Selbstbeschränkung der Branche.»