Kantonsspital Aarau: Details zur Frage des Stellen-Abbaus

Angesichts der Finanzsorgen überprüft der CEO persönlich jede Stelle, die neu besetzt werden soll. Für Robert Rhiner ist klar: Der Personal-Aufbau der letzten fünf Jahre war überdimensioniert.

, 6. Oktober 2015 um 14:04
image
  • kanton aargau
  • spital
Personalstopp, Nullrunde bei den Löhnen: Es ist längst offensichtlich, dass die finanziellen Engpässe am Kantonsspital Aarau auch zu erheblichen Teilen bei den Mitarbeitern angegangen werden.
Ein ernsthafter Personalabbau war aber bislang das grosse Fragezeichen – beziehungsweise ein unausgesprochenes Szenario. Im Januar hatte Spitaldirektor Robert Rhiner an einer Medienorientierung noch bemerkt, ein Stellenabbau sei kein Thema. Im April sagte dann Spitalpräsident Philipp Funk zur «Aargauer Zeitung», es werde zwar keine Kündigungen geben – aber «das heisst nicht, dass wir Ende Jahr noch gleich viel Personal beschäftigen wie jetzt.»

«Retrospektiv überdimensioniert»

In einem Gespräch mit einer Fachpublikation formuliert Robert Rhiner das Szenario nun doch zunehmend offensiv aus: In einem Interview mit «Clarity on Healthcare», einem Magazin der Beratungs- und Auditing-Firma KPMG, malt der CEO jetzt ein sehr aktuelles Bild der Lage am Kantonsspital.
Befragt nach den Ursachen der finanziellen Probleme, nennt Rhiner zwar zuerst die – bekannten – fehlenden Rückstellungen für das Tarifirisiko. Dann erwähnt er die hohen Personalkosten: «Wir haben am KSA einen grossen Personalaufbau betrieben und den Bestand seit 2009 beinahe verdoppelt. Klar haben wir einiges an Innovation betrieben, aber der Aufbau ist retrospektiv überdimensioniert.»
In der Tat stieg die Zahl der Beschäftigten von 3'320 im Jahr 2009 auf 4'166 im Jahr 2014, also vergleichsweise drastisch.

«Nur Stellen, die auch wirklich gebraucht werden»

Die Geschäftsleitung habe deshalb einen Personalstopp vollzogen, so Rhiner nun. Er persönlich überprüfe jede Stelle, die wieder besetzt werden soll. «Dies ist bei einem gewissen Turnover, den wir als grosser Ausbildungsbetrieb als normale Erscheinung haben, zwar etwas mühsam, aber so können wir sicherstellen, dass wir nur die Stellen besetzen, die auch wirklich gebraucht werden.»
Alle Abteilungen müssten sich zudem einer Deckungsbeitragsrechnung stellen – «so dass wir sehen, wo wir Personal reduzieren können». Allerdings: «Die Leistung darf darunter natürlich nicht leiden.»
In «Clarity on Healthcare» berichtet CEO Rhiner weiter, es sei unlängst «bereits während des Budgetprozesses … aufgefallen, dass wir den Personalbestand reduzieren müssen.» Der Ist-Bestand im September wurde dann für die Budgetierung übernommen «und als Ziel für das Jahr gesetzt.» Im Hintergrund steht, dass die Personalbestände im September saisonbedingt auf einem sehr tiefen Stand sind.

Das Kostenbewusstsein der Mitarbeiter schärfen

Insgesamt müsse die Leitung des KSA «auch noch stärker das Kostenbewusstsein unserer Mitarbeitenden schärfen.» Beispielsweise gebe es enorme Ansprüche an die Ausstattung – «nur die Finanzierung wird nicht bedacht.»
Als weiteren Spar-Faktor auf Personal-Stufe nennt der Spitaldirektor auch neue Kaderarztverträge, die eine Deckelung des Lohns enthalten. Zwar würden Chef- und leitende Ärzte immer noch leistungsorientiert honoriert, aber es gibt ein klares Maximum.

Ein Haus komplett schliessen

Daneben erwähnt CEO Rhiner einen bemerkenswerten, bislang kaum beachteten Punkt des Kostenproblems in Aarau – nämlich die Campusstruktur mit über 50 Gebäuden. Diese stelle den Betrieb vor eine grosse Koordinationsaufgabe und bedinge höhere Kosten für Transport- und Logistikpersonal.
Indirekt sei diese Struktur mitschuldig, dass die Bettenbelegung im KSA insgesamt zu tief ist, so Rhiner: «Wenn ein Haus voll ist, können wir einen Patienten nicht einfach in einem anderen Haus unterbringen. Dies würde die Arbeit der Ärzte massiv erschweren.»
Seine Idee sei nun, «dass wir ein Haus komplett schliessen und die Belegung der anderen erhöhen.»
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Die 10-Prozent-Illusion der Schweizer Spitäler

Eine Betriebsrendite von zehn Prozent galt lange als Überlebensregel für Akutspitäler. Womöglich ist dieser Richtwert inzwischen zu tief. Die Beratungsfirma PwC fordert mehr Effizienz – die Spitäler höhere Tarife.

image

Spitalhygiene: Geschlechtsneutrale WCs bergen ein Risiko

In schottischen Krankenhäusern wurden Damen-, Herren- und Unisex-Toiletten auf Keime geprüft. Heraus kamen drastische Unterschiede.

image

Eine Zusammenarbeit, vernetzt wie das Gefässsystem

Wie in den meisten anderen medizinischen Fachbereichen setzt das Spital Lachen auch in seinem Gefässzentrum auf eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie garantiert den Patientinnen und Patienten eine professionelle und ganzheitliche Diagnostik, Behandlung und Nachbehandlung.

image

Ressourceneffizienz bei Schweizer Spitälern

Interview von Unite mit Andrea Raida M.Sc., Projektleiterin Health Care Logistics am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, über Ergebnisse des Forschungsprojekts «Green Hospital»

image

Spital Lachen rückt die Gefässmedizin ins Zentrum

Gefässerkrankungen sind verbreitet und können Menschen jeden Alters betreffen. Unbehandelt können schwerwiegende Komplikationen wie Gefässverschlüsse oder Organschäden folgen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung ist essenziell – genau hier kommt das Gefässzentrum des Spitals Lachen ins Spiel.

image

Die digitalisierte Patient Journey in der Lindenhofgruppe

Die digitale Patient Journey ist in Schweizer Spitälern etabliert. Sie erleichtert Patient:innen die Planung, Vorbereitung und Begleitung rund um den Spitalaufenthalt und entlastet das medizinische Personal – besonders bei psychisch belastenden Situationen im Vorfeld.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.