Der Kanton Bern ist zu stark auf Spitäler und die Akutversorgung ausgerichtet. In ländlichen Regionen gibt es immer weniger Hausärzte. Und für chronisch und mehrfach erkrankte Personen fehlt es nach einem Spitalaufenthalt an der Nachversorgung.
Das sind einige der Schwächen, welche das Gesundheitssystem des Kantons Bern aufweist. Die 54-seitige Gesundheitsstrategie, die der Kanton veröffentlicht hat, zeigt sie auf. Der Bericht stellt ausserdem fest: «Viele Angestellte im Gesundheitswesen bleiben nur kurz in ihrem erlernten Beruf.»
Pflege und Rettungswesen: Zu wenig attraktive Anstellungsbedingung
Dazu zählt der Bericht weitere Probleme auf, die der Kanton bei seinen Angestellten im Gesundheitswesen hat: Qualifiziertes Personal drohe von Bern in andere Kantone abzuwandern, weil insbesondere im Rettungswesen und im Pflegebereich die Anstellungsbedingungen zu wenig attraktiv seien.
Die Spitäler und Heime seien auf Personal aus dem Ausland angewiesen. Oft müssten Angestellte im Gesundheitswesen mehr arbeiten, weil die Stellen nicht besetzt werden können. Und: Die Löhne seien zu tief, was sich auf die Attraktivität des Berufs auswirke.
In 10 Jahren gehen viele Angestellte in Pension
Das sind schlechte Voraussetzungen für die Zukunft. Denn der Kanton Bern rechnet mit einer überproportionalen Zunahme des Personalbedarfs. Nicht nur deshalb, weil es mehr alte Menschen und mehr Behinderte geben wird. Der Kanton Bern rechnet auch damit, dass viele ältere Mitarbeitende im Gesundheitswesen in den nächsten 10 bis 15 Jahren pensioniert werden.
In seiner Gesundheitsstrategie setzt der Kanton die Förderung des Personals deshalb an die dritte Stelle – noch vor der Förderung der Forschung und vor der Förderung der Digitalisierung des Gesundheitswesens.
Kanton will kompetentes und leidenschaftliches Personal
Als Vision beschreibt der Kanton folgendes Szenario für das Personal: «Die im Gesundheitswesen arbeitenden Menschen üben ihren Beruf mit Kompetenz und Leidenschaft aus, in einem beruflichen Umfeld, das gute Arbeitsbedingungen und Entwicklungsperspektiven bietet und in dem ihnen mit Wertschätzung begegnet wird.»
Mit attraktiven Arbeitsbedingungen bei den Leistungserbringern soll Personal gewonnen, gehalten und motiviert werden: So lautet die Absicht. Hohe Priorität hat für den Kanton Bern vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie soll gefördert werden.
Strategie hat fünf Stossrichtungen
Wie weit der Kanton diese Ziele denn auch tatsächlich umsetzen will und kann, ist in der Strategie nicht konkreter erläutert. Die Bekämpfung des Fachkräftemangels ist jedoch eine der fünf Stossrichtungen, die der Kanton in den nächsten zehn Jahren im Gesundheitswesen verfolgen will.
Als erste und wichtigste Stossrichtugn will der Kanton vor allem die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung fördern. An zweiter Stelle sollen chronisch und schwer Kranke ganzheitlicher und nicht mehr nur im Spital behandelt werden.
Drei Monate Zeit für eine Stellungnahme
An dritter Stelle folgt die Personalförderung. Viertens sollen Forschung, Entwicklung und Innovationen gefördert werden. Fünfte und letzte Stossrichtung ist die Digitalisierung des Gesundheitswesens.
Bis am 10. Januar sollen Parteien, Verbände, Gemeinden und Interessierte mitteilen, was sie von der Strategie des Kantons halten.
Das Berner Gesundheitswesen in Zahlen
Der Kanton Bern hat derzeit 19 Spitäler, 14 Psychiatriekliniken, 9 Rehabilitationskliniken, 307 Alters- und Pflegeheime, etwa 3000 Arztpraxen – was 2,9 Praxen pro 1000 Einwohnern entspricht – sowie 96 Spitex-Organisationen. Dazu kommen 284 freischaffende Pflegefachpersonen.