Die Schweizer Krankenkassenprämien sind bald unbezahlbar: Durchschnittlich über 3600 Franken zahlt jeder Versicherte pro Jahr für seine obligatorische Krankenversicherung. Vor 20 Jahren waren es «nur» gut 1500 Franken, wie der Statistik des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zu entnehmen ist.
Die stetig steigende Prämienlast führt dazu, dass immer mehr Versicherte die höchste Franchise von 2500 Franken wählen. Mittlerweile entscheidet sich schon etwa ein Viertel für diesen hohen Selbstbehalt. Der Grund: Damit lassen sich die hohen Prämien etwas senken. Allerdings müssen die Versicherten im Gegenzug sämtliche Kosten für den Arzt, Medikamente oder das Spital bis zum Betrag von 2500 Franken selbst bezahlen.
Selbstbehalt zu hoch für eine Behandlung
Das kann schwerwiegende Folgen haben: Ein Teil der Versicherten mit hohem Selbstbehalt lässt sich nicht medizinisch behandeln – weil die Behandlungskosten zu hoch wären. Der Hausarzt und SP-Nationalrat Angelo Barrile erlebt das laut eigenen Angaben in seiner Hausarztpraxis zunehmend: Patienten wählen aus Kostengründen die höchste Franchise. «Und wenn sie dann krank werden, verzichten sie auf notwendige medizinische Behandlungen, weil sie sich keine zusätzlichen Kosten mehr leisten können.»
Auch für den Berner Gesundheitsökonomen Heinz Locher ist diese Entwicklung ein Zeichen dafür, dass die Prämienlast ein «untragbares Ausmass» erreicht hat, wie er gegenüber der «Berner Zeitung» sagte.
Support für SP-Prämieninitiative
«15 Prozent der Bevölkerung haben faktisch keinen Zugang mehr zum Gesundheitswesen», konstatiert Locher. Das verstosse gegen das Versicherungsobligatorium und die entsprechende Garantie, dass die ganze Bevölkerung Zugang zu den Leistungen in der Grundversicherung hat.
Diese Entwicklung lässt Heinz Locher, der eigentlich für mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen einsteht, sogar für die Prämieninitiative der SP plädieren: Von ihr erhofft er am schnellsten eine Wirkung. Die SP will die Prämienbelastung der Haushalte auf 10 Prozent des verfügbaren Einkommens begrenzen. Bei einer Annahme der Initiative müssten Bund und Kantone weitaus mehr Prämien verbilligen als bisher.