Grosse Unruhe an Kantonsspital

Weniger Patienten, hohe Fluktuation, Missstände: Das Kantonsspital Baselland ist in einer schwierigen Situation.

, 22. Oktober 2018 um 15:00
image
Im Kantonsspital Baselland (KSBL) ist man nervös. Grund dafür sind Recherchen der Basler «Tageswoche», die am Montag publiziert wurden. Zitiert wird unter anderem aus einem Rapport von Assistenzärzten an die vorgesetzte Person: Im Spital Liestal hätten die Zustände eine «direkten Patientengefährdung» zur Folge. So komme es etwa vor, dass während der Nacht eintreffende Notfallpatient erst um die Mittagszeit oder am Nachmittag darauf von einem Arzt besucht würden. Auch würden etwa  Infusionen falsch gegeben oder Antibiotika-Abgaben vergessen. Dies weil Personal von anderen Abteilungen eingesetzt, aber nicht genügend eingearbeitet würden. Die «Tageswoche» zitiert anonym einen Insider. Dieser sagt, sei sei «nicht die Frage ob, sondern nur wann etwas Gravierendes passiert.» 
Der Zeitung schreibt zudem von dokumentierten «Missstände bei der Patientenbehandlung». So hätten etwa Pflegefachpersonen aus dem Spital Liestal bei der Geschäftsleitung ihre Besorgnis über die Situation zum Ausdruck gebracht. Auch aktuelle und ehemalige Kaderärzte hätten die Probleme gegenüber der Tageswoche bestätigt.
Anita Kuoni, Sprecherin des KSBL, sagt gegenüber von Medinside, man nehme solche Rückmeldungen sehr ernst. Die Hausärzte, welche vor einem Jahr in einem Brief die Entwicklung im Spital Liestal kritisiert hatten, sagen denn auch, inzwischen habe sich die Situation stabilisiert. Kuoni ordnet die Quellen der Indiskretionen unter anderem auch bei Gegner der geplanten Fusion mit dem Universitätsspital Basel. Doch auch Kuoni sagt, dass das KSBL vor «enormen Herausforderungen» stehe.

Schwierige Übergangsphase

Das Kantonsspital Baselland mach schwierige Zeiten durch. Noch bevor die 2012 eingeleitete Fusion der Spitäler Bruderholz, Liestal und Laufen richtig abgeschlossen ist, steht bereits die nächste Fusion auf dem Programm. Das KSBL soll wie bereits erwähnt mit dem Basler Universitätsspital fusioniert werden. Nach dem Ja der beiden Kantonsparlamente kommt die Vorlage am 10. Februar 2019 an die Urne. Die schlechte Presse kommt für das Spital also zur Unzeit. 
Die doppelte Fusion bringt aber auch viel Unruhe in den Betrieb. Das Spital verliert Patienten - auf einen Monat sind es rund 400 Fälle weniger als 2012. Das löst eine Negativspirale aus. Denn als Folge davon sind die Einnahmen rückläufig. Das sorgt wiederum für Spardruck. Gemäss Quellen der «Tageswoche» vergrault das Sparen die leitenden Ärzte. Diese sprangen zuletzt in grosser Zahl ab - beim Ärztekader (ohne Assistenz- und OberärztInnen) betrug die Rate in den letzten beiden Jahren 9,8 Prozent (beim Unispital Basel war die Rate dreimal tiefer).  Gleichzeitig gelinge es nicht, genügend Personal zu rekrutieren. 

Auf unserem Buckel

Kuoni vom KSBL bestätigt diese Zahlen, mahnt aber, diese unreflektiert in Relation zu setzen. So könnten die Zahlen einzelner Spitalgruppen schlecht miteinander verglichen werden. «Aber klar, es ist so, dass wir Fallverluste verzeichnen». Man habe in der Transformationsphase der Fusion mit solchen Effekten rechnen müssen. Die anstehende Fusion zeitige aber bereits jetzt Effekte, und diese passierten derzeit in erster Linie «auf dem Buckel des KSBL».
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

«Friendly Work Space» – diese Spitäler tragen neu das Label

Die Gesundheitsförderung Schweiz zeichnet Unternehmen aus, die besonders gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen schaffen.

image

Nach abruptem Abgang: Die Psychiatrie St. Gallen hat wieder eine Direktorin

Steffi Weidt wird im April 2024 Direktorin 'Medizin und Psychologie' der Psychiatrie St. Gallen.

image

Urologie: 44 Spitäler wollten – diese 27 dürfen

In der Hochspezialisierten Medizin (HSM) wurden neue Leistungsaufträge vergeben – diesmal für zwei komplizierte Urologie-Operationen.

image

Männergesundheit: «Vorsorge lohnt sich»

Männer sterben früher als Frauen. Auch, weil sie sich weniger um ihre Gesundheit kümmern, meint Prof. Dr. med. Stephen Wyler, Chefarzt und Klinikleiter Urologie sowie Leiter des Prostata- und Uroonkologischen Zentrums am Kantonsspital Aarau KSA.

image

Dem See-Spital bleibt das neue Medical-Center versagt

Das See-Spital Horgen kapituliert: Es verzichtet auf den geplanten Neubau.

image

Schon wieder eine Entlassung am Bürgerspital

Angestellt und nach anderthalb Jahren schon wieder weg: Die Solothurner Spitäler haben einen Chefarzt freigestellt.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.