Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie ist empört (DGCH): «Die Forderung nach einem eigenständigen Facharzt für Allgemeinchirurgie kann nur als Rückschritt gewertet werden», moniert die DGCH , wie das Internetportal
«Healthcare-in-Europe» berichtet.
Die Chirurgen warnen, dass damit etablierte Qualitätsstandards und die Patientensicherheit gefährdet würden. «Ein Chirurg, der einen Darmkrebs exzellent operiert, kann nicht genauso erfahren in der Chirurgie des Gelenkersatzes sein», wird Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Meyer zitiert, der bei der DGCH das Generalsekretariat leitet.
«Im Notfall braucht es nach wie vor Chirurgen mit einer breitestmöglichen Ausbildung»
Das Schweizer Pendant zum deutschen Chirurgenverband sieht das ganz anders: «Wir unterstützen die Weiterbildung zum Allgemeinchirurgen. Der Allgemeinchirurg ist für die schweizerische Spitallandschaft unentbehrlich», erklärt Frédéric Dubas, der Generalsekretär der Schweizer Chirurgen und Chirurginnen (SGC-SSC). Dubas vertritt auch die SGC-SSC an der «Section of Surgery» der Union Européenne des Médecins Spécialistes (UEMS). In diesem Gremium sei diese Diskussion ein Dauerbrenner, so auch am letztjährigen Kongress in Lissabon.
Mehr und Mehr Sub-Spezialisten
Laut Dubas weist der Trend nicht nur in Richtung Spezialisten, sondern in Richtung Sub-Spezialisten. Er nennt das Beispiel der Viszeralchirurgie. Da gebe es mittlerweile Top-Spezialisten, die sich einzig auf die Leber oder auf die Speiseröhre spezialisierten. Solche Spezialisten finden in Universitätskliniken und anderen grossen Spitälern eine Anstellung.
Doch in vielen kleineren Spitälern in der Region oder abgelegenen Orten brauche es ebenfalls Chirurgen – dort aber Allgemeinchirurgen. Eine weitere Herausforderung sei der Notfall. «Im Notfall braucht es nach wie vor Chirurgen mit einer breitmöglichsten Ausbildung», ist Dubas überzeugt. Ein Problem bestehe lediglich darin, dass sich heute der medizinische Nachwuchs mehr und mehr auf Spezialgebiete konzentriere. «Wir haben einen Mangel an Allgemeinchirurgen», erklärt Frédéric Dubas.