Solche Arztfehler rechtfertigen eine fristlose Kündigung

Er liess einen Kollegen ein gesundes Kinderohr operieren und machte telefonisch Ferndiagnosen. Das Genfer Universitätsspital (HUG) entliess diesen Arzt deshalb zu Recht fristlos.

, 27. Mai 2020 um 12:25
image
Vor fünf Jahren stellten die Hôpitaux Universitaires Genève (HUG) einen Assistenzarzt auf der Hals-, Nasen- und Ohren-Abteilung an. Innerhalb von vier Wochen machte dieser drei schwerwiegende Fehler. Im Operationssaal gab er einem Kollegen falsche Anweisungen. Dieser operierte deshalb bei einem Kind ein gesundes Ohr.

Das Blutgerinnsel ging am freien Tag vergessen

Nur vier Tage später nahm er nach einer Mandeloperation einen freien Tag und vergass, seine Kollegin über ein gefährliches Blutgerinnsel beim frisch operierten Kind zu informieren.
Schliesslich fiel er drei Wochen später bei einer weiteren Mandeloperation auf, die er allein durchführte. Der Anästhesist fand, die Operation dauere abnormal lange. Weil der Arzt keinen Kaderarzt hinzuzog, holte der Anästhesist schliesslich Hilfe.

Er bekam nochmals eine Chance

Kurze Zeit später stellte der Chef den unzuverlässigen Arzt zur Rede und liess ihm die Wahl, selber zu künden oder entlassen zu werden. Dieser wollte aber sein Ausbildungsjahr beenden. Der Chef gestand ihm das zu, versetzte ihn aber in eine andere Abteilung, damit er nicht mehr operierte.
Doch dann kam es zur vierten Fehlleistung. Er hatte Nachtdienst und erhielt den Anruf einer Pflegerin, dass ein frisch an den Mandeln operiertes Kind dreimal Blut erbrochen habe. Der Arzt ordnete bloss an, Eis aufzulegen. Erst am nächsten Morgen schaute er sich das Kind persönlich an.

Das Kind hätte sterben können

Es stellte sich heraus, dass solche Komplikationen besonders bei Kindern tödlich enden können und das Spital genau deshalb einen Arzt auf Pikett hielt. Ausserdem wusste der Arzt, dass er den Anruf nicht hätte telefonisch erledigen dürfen, sondern ins Spital hätte fahren müssen.
Noch am gleichen Tag entliess ihn sein Chef fristlos. Doch der fehlbare Arzt wehrte sich. Er verlangte 120 000 Franken. Nämlich etwas mehr als einen halben Jahreslohn von 60 000 Franken, weitere 50 000 Franken Wiedergutmachung für die ungerechtfertigte Kündigung, rund 9000 Franken für nicht bezogene Ferien sowie 1200 Franken für Überstunden.

Beim Arbeitsgericht fand er Unterstützung

Das Genfer Arbeitsgericht gab ihm Recht und sprach ihm rund 110 000 Franken der geforderten Summe zu. Doch das Universitätsspital wehrte sich, worauf das Genfer Kantonsgericht und auch das Bundesgericht die Klage des Arztes abwiesen.
Der Arzt habe tatsächlich bei seinem Nachtdienst seine Sorgfaltspflichten schwer verletzt und definitiv das Vertrauen zerstört, welche das Spital trotz seiner ersten Fehler noch in ihn gesetzt hatte. Er sei deshalb zu Recht fristlos entlassen worden, befand das Bundesgericht.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Effiziente Desinfektion: Plastikfrei & nachhaltig

Die Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues bieten nachhaltige und effektive Desinfektion. Sie bestehen aus 100% plastikfreien Cellulosetücher und reduzieren CO₂-Emissionen um 25% pro Packung. Mit hoher Reissfestigkeit, grosser Reichweite und Hautverträglichkeit sind sie optimal für Hygiene und Umwelt.

image

Nachhaltig: Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues

HARTMANN erweitert sein Portfolio um die nachhaltigen Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues. Die Tücher werden aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt und vereinen hohe Wirksamkeit, Materialverträglichkeit und Hautfreundlichkeit. Dabei werden Plastikabfall sowie CO₂-Emissionen reduziert.

image

Neuer Leistungsauftrag für die Oberwaid

Die Klinik Oberwaid ist neu auch mit muskuloskelettaler Rehabilitation auf der Spitalliste der Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. So kann die Oberwaid auch in diesem Fachgebiet grundversicherte Patienten behandeln und leistet einen wichtigen Beitrag in der Region.

image

Zurück in die Vergangenheit: Spitäler wollen Geld vom Kanton

An sich sollten die Kantone ihre Spitäler nicht mehr finanzieren. Doch immer häufiger zahlen die Regierungen trotzdem – und verzerren möglicherweise den Wettbewerb.

image

Luzerner Kantonsspital braucht wohl bald Geld

Die Höhenklinik des Spitals machte 180'000 Franken Verlust - pro Monat. Die Kantonsregierung rechnet damit, dass das Kantonsspital Hilfe braucht.

image

Spital Samedan gehört bald zum Kantonsspital Graubünden

Dadurch werden wohl einzelne Stellen neu ausgerichtet oder aufgehoben. Andererseits dürften in den medizinischen Bereichen rund 20 zusätzliche Stellen entstehen.

Vom gleichen Autor

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Medikamente: Diese fünf Irrtümer müssen alle kennen

Epinephrin statt Ephedrin? Solche Verwechslungen können tödliche Folgen haben. Gut zu wissen, wo die grössten Gefahren lauern.