Arzt vom Vorwurf der unterlassenen Nothilfe freigesprochen

Als Arzt hätte er seine Sexpartnerin vor dem Tod retten müssen, fand deren Familie. Doch das Bundesgericht urteilte anders.

, 23. Juli 2025 um 09:15
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Bild: Tingey Injury Law Firm auf Unsplash
Einem Arzt wurde sein Beruf beim Tod seiner Sex-Partnerin zum Verhängnis. Die Familie der verstorbenen Frau klagte gegen ihn. Er habe jegliche Hilfe unterlassen, obwohl er ein erfahrener Arzt sei. Er hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass lebensrettende Massnahmen erfolglos bleiben würden.
Die untergewichtige Frau starb nach einvernehmlichem, aber gewaltsamem Sex in der Wohnung des Arztes. Sowohl die Vorinstanzen als auch das Bundesgericht glaubten dem Arzt, dass die Frau bereits verstorben war, als er sie fand.
Er habe zwar keine Totenstarre oder Totenflecken feststellen können, räumte der Arzt vor Gericht ein. Er gab jedoch an, verschiedene andere Merkmale wie Schaum im Mund, leblose Augen, violette Lippen und fehlenden Puls, wahrgenommen zu haben. Aufgrund seiner beruflichen Erfahrung mit sterbenden Personen hätten ihn diese Merkmale zu der Überzeugung gebracht, dass die Frau bereits gestorben und jegliche Hilfe zwecklos gewesen sei.
Das Bundesgericht sah keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit dieser Aussagen zu zweifeln. Der Arzt habe glaubhaft dargelegt, weshalb er vom Tod der Frau überzeugt war und daher eine Verständigung der Ambulanz oder eine Reanimation für nicht mehr geboten hielt.
Zu Gute kam dem Angeklagten letztlich bei der gerichtlichen Beurteilung auch, dass es sich bei der Beziehung zu dieser Frau um die heimliche Affäre des verheirateten Arztes gehandelt habe. Umso mehr hätte er ein Interesse daran gehabt, ihr Leben zu retten und die sexuelle Beziehung geheim zu halten.
  • Bundesgerichtsurteil 6B_165/2024 vom 4. Juni 2025

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