Rund um die Schweiz und Deutschland gilt in fast allen Ländern: Wer sich nicht ausdrücklich dagegen wehrt, wird nach seinem Tod automatisch als Organspender angesehen. Ein Versuch, in Deutschland dasselbe System einzuführen, ist gescheitert: Im Bundestag, dem deutschen Parlament stimmte eine Mehrheit der Abgeordneten dagegen.
Viele deutsche Ärzte reagierten erbost: «Deutschland wird im Jammertal des Spendermangels verweilen», äusserte sich ein leitender Chirurge der Uniklinik München, Helmut Arbogast, gegenüber watson.de. Der Herzchirurg Reiner Körfer sagte gegenüber «Bild»: «Ich schäme mich für Deutschland.»
Ist der Entscheid für viele Patienten ein Todesurteil?
Die Abgeordneten, die gegen die so genannte Widerspruchslösung waren, seien sich offensichtlich nicht der Tragweite dieser Abstimmung nicht bewusst gewesen. Für viele Patienten komme sie einem Todesurteil gleich. Die Bundesärztekammer (BÄK) hatte sich im Vorfeld der Abstimmung klar für die Widerspruchslösung stark gemacht.
Immerhin erhofft sich BÄK-Präsident Klaus Reinhardt nun einen Fortschritt gegenüber der bisherigen Regelung. Denn die Abgeordneten haben entschieden, folgende Massnahmen gegen den herrschenden Mangel an Spenderorganen zu ergreifen:
- Personen, die ihre Organe spenden wollen, sollen das in einem neuen zentralen Online-Register eintragen.
- Personen, die einen neuen Ausweis brauchen, werden von der Ausweisstelle auf die Organspende und das zentrale Online-Register aufmerksam gemacht.
- Hausärzte sollen ihre Patienten mindestens alle zwei Jahre übers Organspenden beraten.
In Deutschland stehen rund 9000 Patienten auf den Wartelisten für Organspenden. Letztes Jahr wurden aber nur gut 900 Spenderorgane eingepflanzt.
Organspende in der Schweiz weiter verbreitet als in Deutschland
Zum Vergleich: In der Schweiz warten gut 1400 Patienten auf ein Organ. Transplantiert wurden rund 600. In der Schweiz stehen die Chancen auf ein Spenderorgan also weit höher als in Deutschland.
In der Schweiz hat sich kürzlich die Nationale Ethikkommission (NEK) gegen automatische Organspenden ausgesprochen. Der Grund: Das Recht, frei darüber zu entscheiden, was nach dem Tod mit den eigenen Organen passiert, würde mit dieser Lösung zu wenig geschützt.
Mehr Aufklärung und Motivation zum Spenden
Die NEK ist für eine ähnliche Lösung wie sie jetzt in Deutschland gilt. Das heisst: Die Menschen in der Schweiz sollen regelmässig aufgefordert werden, sich mit dem Thema der Organspende auseinanderzusetzen und sich dazu zu äussern.