EPD: Pflicht in Deutschland, Wunschdenken in der Schweiz

Arztpraxen und Spitäler in Deutschland müssen ab sofort Patientendaten in die elektronische Patientenakte eintragen. In der Schweiz kann man davon nur träumen.

, 1. Oktober 2025 um 13:21
image
Erst durch das Einstecken der elektronischen Gesundheitskarte in der Praxis gibt der Patient den Ärzten Zugriff auf seine Gesundheitsdaten.. Bild: Screenshot/ ARD
Ab sofort sind Arztpraxen und Spitäler in Deutschland verpflichtet, Patientendaten in die elektronische Patientenakte (ePA) einzutragen. Eingeführt wurde sie bereits Ende April, nach rund 20 Jahren Entwicklungsarbeit.
Mehr als 93 Prozent der (Zahnarzt-)Praxen und Apotheken in Deutschland seien technisch ausgestattet, um mit der ePA arbeiten zu können, schreibt die Betreibergesellschaft Gematik. Insgesamt wurden seit dem Start der ePA Anfang Jahr rund 70 Millionen Patientenakten für gesetzlich Versicherte angelegt.
Für Patienten bleibt die Nutzung freiwillig: Wer der ePA widerspricht, kann seine Akte löschen lassen. Auch welche Daten Ärzte einsehen dürfen, entscheidet jeder Patient selbst.

Und die Schweiz ?

Hierzulande nutzt bekanntlich kaum jemand ein elektronisches Patientendossier (EPD). Laut einem Beitrag in der «NZZ» vom vergangenen Juni haben bisher nur 1,2 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer ein EPD eröffnet. Alfred Angerer, Professor für Management im Gesundheitswesen an der ZHAW, bezeichnete die Lage als «desolat» – bei diesem Tempo würde es noch über 1'200 Jahre dauern, bis alle Bürger ein EPD hätten.
Grund für den Stillstand ist das föderale System: Leistungserbringer müssen sich in sogenannten Stammgemeinschaften organisieren und können ihre eigene Plattform wählen. Nicolai Lütschg, Geschäftsführer von E-Health Aargau, kritisierte in der «NZZ» die ursprüngliche Gesetzesgrundlage als mutlos und zu kompliziert.
Das führte zu einem verwirrenden Flickenteppich von Angeboten, der vielen Fachleuten keinen unmittelbaren Nutzen bringt, während die Investitionen in IT und neue Abläufe hoch bleiben.
Der Bund plant nun eine Kehrtwende: Künftig soll es nur noch eine zentrale Plattform geben, die der Staat bereitstellt und weiterentwickelt. Bis diese Lösung flächendeckend umgesetzt ist, werden jedoch Jahre vergehen. Unklar bleibt zudem, was mit den bisherigen EPD-Plattformen geschieht.
Ganz anders sieht es in Deutschland aus: Dort werden Infrastruktur und Standards von einem einzigen Betreiber festgelegt und kontrolliert, während die gesetzlichen Krankenkassen für die ePA ihrer Versicherten verantwortlich sind.
Anfang des Jahres wurde allen Versicherten automatisch eine elektronische Patientenakte bereitgestellt – sofern sie nicht widersprochen haben.


  • EPD
  • deutschland
  • digital & ki
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

KI in der Medizin? Klar, kein Problem.

Dr. KI auf dem Vormarsch: Künstliche Intelligenz wird in der Bevölkerung zunehmend akzeptiert – für Diagnosen, Zweitmeinungen und zur Früherkennung. Dies besagt eine repräsentative Erhebung in Deutschland.

image

KSW plant Einsatz von Secondhand-Lizenzen

Um Kosten zu sparen will das Kantonsspital Winterthur gebrauchte Microsoft-Lizenzen beschaffen.

image

Shape sensing roboter-assistierte Bronchoskopie

Eine aktuelle Studie am Universitätsspital Zürich zeigt: Shape sensing roboter-assistierte Bronchoskopie (ssRAB) mit dem Ion Endoluminalsystem erzielt dreifach höhere Diagnoserate bei kleinsten Lungentumoren als herkömmliche Bronchoskopie-Methoden.

image

KI in der Augenheilkunde: Der neue Kollege, den niemand einarbeitet

Künstliche Intelligenz kann Netzhautbilder zuverlässig analysieren. Trotzdem kommt sie im Praxisalltag selten zum Einsatz, wie eine Befragung im DACH-Raum zeigt.

image

Weniger Notfall, mehr Sicherheit: Telemedizin unterstützt Spitex-Teams im Aargau

In einem Pilotprojekt testen Medgate und zwei Spitex-Organisationen den Einsatz von telemedizinischer Expertise in den Wohnungen der Klienten. Sensorikgeräte liefern dabei entscheidende Daten in Echtzeit.

image

Vom Bestellbüro zum Werttreiber

Interview von Unite mit Christian Offergeld, Strategie- und Managementberater für Spitäler bei Unity Schweiz AG , über die notwendige Transformation und Digitalisierung der Beschaffung in Spitälern

Vom gleichen Autor

image

Stadt Zürich: Neue Vizedirektorin für Gesundheitsdienste

Der Stadtrat hat Verena Houben zur stellvertretenden Direktorin der Städtischen Gesundheitsdienste Zürich ernannt.

image

Spitalverband H+ übt Kritik an Agenda Grundversorgung

Der Spitalverband H+ beurteilt den Fachbericht zur Agenda Grundversorgung kritisch. Aus Sicht des Verbands werden Spitäler und Kliniken in der Strategie zu wenig berücksichtigt

image

Neubesetzungen im Verwaltungsrat des USB

Das Universitätsspital Basel hat zwei neue Verwaltungsräte: Andreas C. Albrecht und Christoph Jäggi folgen auf Bruno Dallo und Silvia Schenker.