An der Universität St.Gallen und am Kantonsspital St.Gallen könnten bald schon 40 Studenten ihre Masterausbildung in Humanmedizin aufnehmen. Das neue Angebot würde im Herbstsemester 2020 starten. Es gründet auf einer Kooperationsvereinbarung, welche die Universitäten St.Gallen und Zürich sowie das Kantonsspital St.Gallen abgeschlossen haben.
Die Schwerpunkte des Ostschweizer Medizinstudiums sollen dabei auf den Bereichen ärztliche Grundversorgung und interprofessionelle Zusammenarbeit liegen. Der Mastertitel wird gemeinsam von den Universitäten St.Gallen und Zürich vergeben («Joint Degree HSG/UZH»).
Mit Anschubgeld vom Bund
Mit dem Projekt bewirbt sich der Kanton auch um Mittel aus der
100-Millionen-Franken-Paket, das der Bundesrat im Februar zum Ausbau von Medizin-Studienplätzen beschlossen hatte; Gesuche dafür konnten bis Ende April eingereicht werden, St. Gallen erhofft sich einen tiefen einstelligen Millionenbetrag.
Die Kantonsregierung hatte letztes Jahr das Projekt «Medical Master St.Gallen» lanciert. Die Zusammenarbeit mit einer Universität wurde gesucht und mit der Uni Zürich wurde nun ein Partner gefunden. Im Gespräch für ein Medizin-Teamwork sollen auch die ETH Zürich und die Uni Luzern gewesen sein.
Auch die St. Galler Ärzte stehen dahinter
Das Projekt werde auch getragen vom Universitätsrat St.Gallen, dem Verwaltungsrat der Spitalverbunde, von den Kaderärzten am Kantonsspital und der Ärztegesellschaft des Kantons St.Gallen. Noch offen ist die Zustimmung des Universitätsrat der Uni Zürich und der Zürcher Regierung.
«Mit dem Aufbau eines gemeinsamen innovativen Masterstudienganges in Medizin will St.Gallen dem herrschenden und zunehmenden Mangel an inländischen Ärztinnen und Ärzten aktiv begegnen», sagt Regierungsrätin Heidi Hanselmann: «Damit setzen wir einen Leuchtturm für die Ostschweiz.» Das gemeinsame Projekt nutze die Stärken der Universitäten St.Gallen und Zürich, des Kantonsspitals St.Gallen und der universitären Spitäler in Zürich.
Medical School finanziell unabhängig
Über das Kooperationsprojekt muss nun auch die schweizerische Hochschulkonferenz SHK entscheiden. Deren Beschluss über die berücksichtigten Projekte wird Anfang 2017 erwartet.
«An der Universität St.Gallen soll das Medical School St.Gallen gegründet werden. Dieses Institut untersteht dem Rektorat beziehungsweise dem Unirat, ist aber finanziell unabhängig», sagt der Rektor der Universität Sat. Gallen, Thomas Bieger.
Das Kantonsspital St.Gallen wiederum soll durch die Kooperation eine zusätzliche Aufwertung als akademisches Lehrspital gewinnen. «Das Kantonsspital St.Gallen und die Regionalspitäler können ihre Stärke bei der klinischen Ausbildung der zukünftigen Ärztinnen und Ärzte perfekt einbringen», sagt KSSG-Direktor Daniel Germann: «Wir sind überzeugt mit unseren erfahrenen Dozentinnen und Dozenten einen innovativen Studiengang mit Vorbildcharakter mitzugestalten.»
St. Gallen als Zentrum der europäischen Medizin
Im Hintergrund steht, dass das Kloster St. Gallen zwischen dem 6. und dem 11. Jahrhundert eines der ganz grossen Zentren der europäischen Heilkunst war – und dass St. Gallen deshalb bis heute über eine grandiose historische Sammlung an medizinischer Literatur verfügt.
Der St. Galler Benediktiner
Notker der Arzt (ca. 905-975), der auch am Hof Kaiser Otto des Grossen wirkte, gilt als wichtigster Vertreter der frühmittelalterlichen Klostermedizin. Im 7. Jahrhundert entstand in St. Gallen zudem das erste überlieferte Spital für Aussätzige in der Schweiz.
Der frühmittelalterliche St. Galler Klosterplan zeigt auch als seltener Beleg, wie damals eine Spitalanlage aussah, mit Krankensaal, Aderlasshaus, Ärztehaus, Apotheke und Kräutergarten.