Pharmabranche vergoldet Ärztinnen und Ärzte

7,5 Millionen Franken flossen 2022 von der Pharmaindustrie direkt zur Ärzteschaft. Eine Million mehr als im Vorjahr.

, 14. September 2023 um 04:45
image
Die Zahl der Ärzte, die sich für Kongressgebühren, Spesen und Beratungshonorare von Pharmafirmen bezahlen lassen, ist im zurückliegenden Jahr von 3289 auf 3698 Personen gestiegen, nachdem sie in den Vorjahren gesunken war. 2015 waren es noch 4131 Ärztinnen und Ärzte, die sich von der Pharmaindustrie Kongressgebühren und Spesen auszahlen liessen oder dank Beratungsaufträgen und Referentenhonoraren sogar auf deren Lohnliste standen.
Dies zeigt eine Auswertung durch das Ringier Axel Springer Research Network. An der Datenauswertung beteiligten sich «Beobachter», «Handelszeitung», «Blick» und «SonntagsBlick».
Insgesamt 221 Millionen Franken wurden im zurückliegenden Jahr an Ärztinnen und Ärzte, Spitäler, Fachgesellschaften, Patientenorganisationen und andere Institutionen der Gesundheitsbranche ausbezahlt. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Plus von knapp 13 Prozent. 2015 waren es «nur» 141 Millionen gewesen. 7,5Millionen Franken flossen so 2022 direkt zur Ärzteschaft, eine Million mehr als im Vorjahr.

Kostenexplosion bei den Medikamenten

Im Vergleich zu den jährlichen Gesundheitskosten von 86 Milliarden Franken sind die genannten 221 Millionen ein Klacks. Stellt man die 221 Millionen ins Verhältnis der 10 Milliarden Franken, welche die Medikamente zu den gesamten Gesundheitsausgaben beitragen, so sieht es bereits anders aus.
Brisant sind jedoch diese Zahlen vor dem Hintergrund, dass die Krankenkassen die anhaltend steigenden Prämien insbesondere mit den wachsenden Ausgaben für Medikamente begründen.

Spitzenreiter Pizolcare

Laut «Beobachter» erhielten letztes Jahr mehr als 40 Ärztenetzwerke Sponsorengelder von wenigen Hundert bis zu mehreren Zehntauend Franken. An der Spitze liegt die Pizolcare AG mit 69'000 Franken. «Das Netzwerk mit über 100 Hausärzten, Spezial- und Spitalärztinnen der Region Sargans/Werdenberg hat keine Berührungsängste mit der Pharmaindustrie», schreibt der «Beobachter». Seit der 2015 eingeführten Pflicht zur Offenlegung summieren sich die Sponsoringeinnahmen auf 642'000 Franken.
Die Website Pharmagelder.ch zeigt, welche Ärzte, Ärztinnen, Spitäler und anderen Institutionen der Gesundheitsbranche Geld von der Pharmaindustrie erhalten. Die Daten stammen von 65 Pharmarirmen, sie legen sie mäss Verbandskodex offen.
  • pharma
  • medikamente
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Apotheken dürfen mehr von ihrer Arbeit verrechnen

Der neue Tarifvertrag für die Apotheken regelt, wie viel die Verblisterung von Medikamenten und die Beratung künftig kosten darf.

image

Pharmagelder 2024: Zuwendungen an Schweizer Ärzte steigen leicht

2024 erhielten Ärzte, Spitäler und Fachgesellschaften zusammen 262 Millionen Franken – 16 Millionen mehr als im Jahr davor.

image

Medikamente: Nationalrat lehnt einfachere Zulassung ab

Im Unterschied zum Ständerat will der Nationalrat nichts wissen von einer erleichterten Einfuhr patentabgelaufener Medikamente.

image

Medis im Ausland günstig kaufen? Vergiss es

Der Ständerat will nicht, dass Kosten gespart werden, indem der Kauf von Medikamenten im Ausland zulasten der Grundversicherung ermöglicht wird.

image

Abnehmspritzen für Minderjährige: Erlaubt, aber wenig verordnet

Seit vier Monaten ist Wegovy auch für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. Die Bedingungen sind aber streng. Zu streng, wie eine Kinderärztin kritisiert.

image

Bürokratie auf der Packung: Heilmittel-Firmen schlagen Alarm

Eine Allianz von Pharmafirmen wendet sich gegen die geplante Pflicht, individuelle Sicherheitsmerkmale auf Medikamentenpackungen zu setzen: Günstige Arzneimittel würden bedroht – obwohl es gar keinen Grund für die ganze Bürokratie gibt.

Vom gleichen Autor

image

Bürokratie in der Reha - Kritik am Bundesrat

Die Antwort der Regierung auf eine Interpellation zur Entlastung der Rehabilitation überzeugt kaum – Reformvorschläge bleiben vage, die Frustration wächst.

image

Das Kostenfolgemodell lässt auf sich warten

Der Ständerat überweist die Motion Wasserfallen an die zuständige Kommission. Man nennt dies Verzögerungstaktik.

image

«Die Angehörigenpflege darf nicht zu einem Geschäftsmodell werden»

Ambitionslos und verantwortungslos - die SP-Nationalrätin Ursula Zybach ist vom Bericht des Bundesrats enttäuscht.