Was das Berner Pflegepersonal
bereits befürchtet hat, ist nun wahr geworden: Der Kanton will nächstes Jahr nur zwei Prozent mehr Lohn zahlen – ein halbes Prozent davon als automatischer Teuerungsausgleich. Bei einer Teuerung von drei Prozent komme das einer Lohnsenkung gleich, ärgert sich die Berner Sektion des Schweizer Berufsverbandes des Pflegefachpersonals (SBK).
Eine «anständige Lohnrunde»?
Die Sektion geht hart ins Gericht mit den verantwortlichen Politikern: «Der Grosse Rat hat nicht erkannt, wie angespannt die Personalsituation in der Pflege, speziell auch in der Langzeitpflege und der Spitex ist.» Betroffen sind alle Pflegefachkräfte, die in Heimen und in der Spitex arbeiten und damit vom Kanton entlöhnt werden.
Trotzdem wehrte sich die Regierung gegen höhere Lohnforderungen: In der schwierigen Finanzlage sei ein Total von zwei Prozent der Lohnsumme eine «anständige Lohnrunde», fand die Finanzdirektorin Astrid Bärtschi.
Erosion der Fachkräfte
Die Fachleute sehen das anders: Um die Erosion beim Pflegepersonal zu bremsen, brauche es vier Prozent mehr für angemessene Löhne, forderten etwas die Berner Alters- und Pflegeinstitutionen, die im Verband Curaviva zusammengeschlossen sind.
Manuela Kocher, Präsidentin der SBK Sektion Bern sagt laut einer Mitteilung: «Ich bin enttäuscht, dass die Mehrheit des Grossen Rates die Problematik beim Fachkräftemangel in der Pflege nicht verstanden hat.»
Nachsorge gefährdet
Sie fürchtet etwa um die Nachsorge der Patienten, die aus dem Spital entlassen worden sind. Das funktioniert nur im Zusammenspiel zwischen den Spitälern, den Langzeitinstitutionen und der Spitex.
Doch warum ist der Kanton Bern so knausrig? Dafür gibt es zwei Hauptgründe: Es sind einerseits Steuersenkungen geplant und andererseits kann der Kanton nicht mehr mit den sonst üblichen Gewinnausschüttungen der Nationalbank rechnen und hat deshalb weniger finanziellen Spielraum.
So wird verteilt
Die zwei Prozent mehr Lohn will der Kanton folgendermassen verteilen:
- 0,5 Prozent Teuerungsausgleich für alle
- 0,7 Prozent für individuell verteilte Lohnerhöhungen
- 0,8 Prozent für Lohnumverteilungen: von älteren, gutverdienenden Mitarbeitenden, die ihre Stelle wechseln oder pensioniert werden, zu jüngeren.
Zürcher Spitäler viel grosszügiger
In Zürich ist das Gesundheitspersonal eindeutig bessergestellt. Das Unispital, das Kantonsspital Winterthur und die Psychiatrie
gewähren ab Januar allen Mitarbeitenden einen Teuerungsausgleich von 3 Prozent. Zusätzlich gibt es individuelle Lohnerhöhungen und freie Tage – insbesondere bei den Pflegenden.