Pflege: Je jünger, desto ausstiegswilliger

In Deutschland liebäugelte fast ein Drittel der jungen Pflegefachleute im letzten Jahr mit einem Berufswechsel. Aber ist das so schlimm?

, 1. Februar 2024 um 23:02
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Symbolbild: Mantas Hesthaven on Unsplash
In Deutschland dachte knapp ein Drittel der jungen Pflegekräfte im letzten Jahr ernsthaft darüber nach, den Beruf aufzugeben. Dies ergab eine repräsentative Befragung von rund 1'000 Pflegefachleuten, welche die Krankenkasse Barmer gemeinsam mit dem Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung durchführte; die Befragten waren sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Versorgung tätig.
Insbesondere Peronen im Alter unter 29 Jahren gaben an, in den zurückliegenden Monaten häufiger an eine Berufsaufgabe gedacht zu haben. Als Hauptgründe galten dabei Stress und Druck. Mit einem Anteil von rund 28 Prozent lag der Wert in dieser Altersgruppe bei allen Befragten am höchsten.
  • Barmer: «Pflegestudie 2.0: Ressourcen- und Belastungsanalyse bei Pflegekräften», Januar 2024.
Am wenigsten verbreitet waren solche Ausstiegspläne indessen bei den 40- bis 49-Jährigen: Hier erreichte die Quote gut 18 Prozent.
Allerdings zeigt die Studie auch, dass es für die Hälfte der Pflegeprofis insgesamt stimmt mit dem Beruf: Jede zweite befragte Pflegerin oder Pfleger (52 Prozent) ist insgesamt zufrieden oder sehr zufrieden mit der Arbeitssituation. Ein ähnlich hoher Anteil ist dies auch mit den Berufsperspektiven (60 Prozent), mit dem Lohn (43 Prozent), den körperlichen Arbeitsbedingungen (44 Prozent) oder der Führung (54 Prozent).

Pflexit? Welcher Pflexit?

Und ein längerfristiger Vergleich zeigt, dass die Arbeitszufriedenheit in der deutschen Pflege nach einem starken Abfall mit der Pandemie wieder zugenommen hat.
Die neue Befragung fügt sich also einerseits in ein Bild, das immer wieder gezeichnet wird: Hohe Belastung, viele Ausstiegspläne. Allerdings waren schon in der Corona-Phase in Deutschland mehrere Umfragen erschienen, die einen «Pflexit» an die Wand malten; Ende 2020 sagten zum Beispiel ebenfalls fast ein Drittel von repräsetativ befragten Pflegerinnen und Pflegern aus, dass sie im vergangenen Jahr häufiger daran gedacht hatten, den Pflegeberuf aufzugeben und den Beruf zu wechseln.
Eine andere neue Studie besagte allerdings Mitte Januar, dass die Beschäftigungsverhältnisse in der Pflege seit der Corona-Krise ähnlich stabil sind, wie sie davor waren. «Der befürchtete verstärkte Personalabgang aus dem Sektor trat damit nicht ein», so ein Fazit der Studie.

Unzufriedenheit ≠ Massenkündigung

Konkreter: In den deutschen Krankenhäusern waren ein Jahr nach Ausbruch von Covid noch 90 Prozent der Fach- und Hilfskräfte im gleichen Betrieb tätig; zwei Jahre danach lag die Quote bei etwa 80 Prozent. Und ganz ähnliche Verhältnisse hatte es auch früher, vor Covid, schon gegeben.
Es deutet sich also an, dass sich all die Aussagen zu ausstiegswilligen Pflegeprofis nicht unbedingt direkt in der Realität niederschlagen.
Auch in der Schweiz zeichnete sich im schlimmsten Covid-Stress ab, dass Umfragen, laut denen viele in der Pflege mit einem Exit liebäugeln, nicht unbedingt direkt in Massenkündigungen ausarten.
  • pflege
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