Neuenburg: Arzt wegen fahrlässiger Tötung zu Geldstrafe verurteilt

Das Regionalgericht verurteilte einen Arzt nach dem Tod eines Patienten. Im Zentrum stand des Falls stand die Frage, wie entschlossen ein Patient in ein Spital eingewiesen werden muss, der sich dagegen wehrt.

, 24. Juli 2025 um 22:30
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Bild: PD Kanton Neuenburg.
Das Regionalgericht Littoral und Val-de-Travers (Kanton Neuenburg) hatte dieser Tage einen ungewöhnlichen Fallzu beurteilen: Ein noch praktizierender Arzt, 69, stand wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht.
Es ging um ein Ereignis im Sommer 2020. Ein 41-jähriger Patient, der an Schizophrenie litt, hatte mehrere Wochen lang über Müdigkeit, Schwindel und Appetitlosigkeit geklagt. Sein Arzt – der Angeklagte – war zu ihm nach Hause gekommen und hatte eine Blutprobe angeordnet. Nach Erhalt der Ergebnisse verschrieb er Kalium, das der Patient zu Hause erhielt und selbstständig einnahm. Einige Tage später verstarb der Mann in seinem Haus. Bei der Autopsie konnte die genaue Todesursache nicht festgestellt werden.
Der Fall warf mehrere komplexe Fragen auf: Gab es einen Verstoss gegen die Regeln der ärztlichen Kunst? Im Mittelpunkt der Debatte stand insbesondere die Frage, ob der Wille des Patienten, nicht in ein Krankenhaus eingewiesen zu werden, respektiert werden muss, oder ob es die ärztliche Pflicht ist, bei Gefahr eine Einweisung anzuordnen.

Zu einer Geldstrafe verurteilt

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Strafe von 50 Tagessätzen beantragt. Sie befand, dass angesichts der Komorbiditäten des Patienten grosse Risiken bestanden, die eine Einweisung in ein Spital zwingend verlangten – notfalls auch gegen den Willen des Patienten.
Nun fiel das Urteil, und dabei sprach die Richterin eine Strafe von 30 Tagessätzen zu 400 Franken pro Tag aus, ausgesetzt für zwei Jahre zur Bewährung; dies berichten unter anderem das Neuenburger Radio RTN und «La Tele Vaud Fribourg». Der Arzt muss zudem Gerichtskosten von etwas mehr als 25'000 Franken übernehmen.
Weshalb? Das Gericht gelangte zwar zur Ansicht, dass «ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen einem möglichen Verstoss gegen die Regeln der Medizin und dem Tod nicht nachgewiesen werden konnte», hiess es weiter. Es erkannte aber eine Vernachlässigung des Patienten in einer Gefahrenlage («abandon à une situation de danger»): Der Angeklagte habe die Situation akzeptiert, obwohl er sich Ernsthaftigkeit des Zustands des Patienten bewusst war.
Der Anwalt des Arztes hat bereits angekündigt, dass er Berufung einlegen will.
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