KSSG-Entlassungen: «Der Aufstand geht weiter»

Über 600 Mitarbeitende des Kantonsspitals St. Gallen demonstrierten gegen den geplanten Stellenabbau. Das sei erst der Anfang, sagt Nicole Rüegg vom Berufsverband Pflege im Interview.

, 26. Oktober 2023 um 12:30
image
Rund 600 Personen gingen gegen den geplanten Stellenabbau im Kantonsspital St. Gallen 'auf die Strasse'. |zvg
Über 440 Stellen sollen bis 2027 in den St.Galler Spitälern abgebaut werden; am Kantonsspital St.Gallen (KSSG) sind rund 260 Mitarbeitende betroffen. Diese Sparmassnahme löste beim Spitalpersonal Entrüstung aus, die sie so nicht hinnehmen wollen (Medinside berichtete).
Anfang Woche haben die Mitarbeitenden des KSSG deshalb, mit Unterstützung der Bündnispartner, zu einer Demonstration aufgerufen. Nicole Rüegg vom Berufsverband Pflege war vor Ort und schildert gegenüber Medinside ihre Eindrücke.
Unter dem Motto: «Jetzt haben wir endlich Zeit für eine Kaffeepause!» haben sich Spitalmitarbeitende, aber auch Solidarisierende vergangenen Montag zu einer Kundgebung im KSSG versammelt. Wie haben Sie die Demonstration erlebt? Die betroffenen Mitarbeitenden und die Bündnispartner waren äusserst erfreut darüber, dass sich so viele Angestellte des Spitalverbunds versammelt hatten, um ein deutliches Zeichen zu setzen. Während dieser Versammlung, die in Form einer «Kaffeepause» stattfand, konnten wir unsere Anliegen klar, laut und deutlich kommunizieren. Am Ende der Kundgebung setzten alle Anwesenden ein Zeichen, indem sie exakt 4 Minuten und 40 Sekunden applaudierten – eine symbolische Geste, die auf die geplante Streichung von 440 Vollzeitstellen hinwies und gegen den enormen Stellenabbau protestierte.
Wieviele Menschen haben sich an der Kundgebung beteiligt und wie war die Resonanz?Insgesamt waren etwa 600 Personen anwesend. Die Resonanz war überwältigend und spiegelt die Bedeutung und Dringlichkeit der Angelegenheit wider. Die zahlreichen verschiedenen Transparente, die von den Mitarbeitenden gestaltet wurden, sowie die Reden verschiedener Berufsgruppen haben verdeutlicht, wo die Probleme liegen und dass die Geduld am Ende ist.
«Wir haben die Geschichten und Anliegen der betroffenen Mitarbeitenden in den Vordergrund gerückt.»
Solidarisch haben sich auch Patienten und Angehörige gezeigt, indem sie sich dem Personal anschlossen. Solche solidarischen Gesten können dazu beitragen, die Dringlichkeit von Veränderungen und Lösungen in dieser Angelegenheit zu betonen.
Glauben Sie, mit der Demonstration etwas bewirkt zu haben? Durch eine intensive Medienpräsenz ist es uns gelungen, die Aufmerksamkeit zahlreicher Menschen auf die Massenentlassungen im Spitalverbund St. Gallen zu lenken und gleichzeitig die Perspektive der Arbeitnehmenden in dieser Angelegenheit darzustellen. Wir haben die Geschichten und Anliegen der betroffenen Mitarbeitenden in den Vordergrund gerückt, wodurch die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Entlassungen sichtbarer wurden. Durch diese Sensibilisierung hoffen wir, dass eine breitere Diskussion und möglicherweise auch Massnahmen ergriffen werden, um die Interessen der Arbeitnehmenden zu schützen und Lösungen für die Herausforderungen im Gesundheitswesen zu finden.
Sind weitere Kundgebungen geplant? Ja. Am 11. November gehen wir gemeinsam in St. Gallen auf die Strasse, um der Politik klarzumachen, dass der Stellenabbau im Gesundheitswesen uns alle betrifft.

  • image

    Nicole Rüegg

    Fachverantwortliche Sozialpartnerschaften

    Schweizer Berufsverband der Pflege Sektion SG TG AI AR


Die Mitarbeitenden des KSSG und der St.Galler Spitäler stellen folgende Forderungen:
  • Keine Entlassungen auf Kosten der psychischen und physischen Gesundheit von Mitarbeitenden und Patienten.
  • Die Regierung soll die Verantwortung für die finanziellen Defizite der Spitalverbunde tragen.
  • Zudem fordern der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD), der Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (VSAO) und der Berufsverband der Pflege (SBK) mit einer Petition einen Notfallkredit des Kantons und einen sofortigen Stopp des Stellenabbaus.


  • spital
  • pflegefachpersonal
  • KSSG
  • st. galler spitäler
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Sparprogramme reichen nicht: Das Spitaljahr im Check

Kooperationen, weniger Angebote, effizientere Abläufe, Schliessungen, Nullrunden bei den Löhnen: Die öffentlichen Akutspitäler haben viel getan, um die Finanznot zu bekämpfen. Fazit: So geht es trotzdem nicht weiter.

image

Spitäler 2025 und 2026: Bessere Margen – aber grosse Tarif-Fragezeichen

Die Finanzchefs der Schweizer Spitäler erwarten fürs Erste eine etwas bessere Rentabilität. Zugleich sorgt das neue Tarifsystem für Unsicherheit. Die Erwartungen reichen von Mehreinnahmen bis zu spürbaren Einbussen.

image

Die 10-Prozent-Illusion der Schweizer Spitäler

Eine Betriebsrendite von zehn Prozent galt lange als Überlebensregel für Akutspitäler. Womöglich ist dieser Richtwert inzwischen zu tief. Die Beratungsfirma PwC fordert mehr Effizienz – die Spitäler höhere Tarife.

image

Spitalhygiene: Geschlechtsneutrale WCs bergen ein Risiko

In schottischen Krankenhäusern wurden Damen-, Herren- und Unisex-Toiletten auf Keime geprüft. Heraus kamen drastische Unterschiede.

image

Eine Zusammenarbeit, vernetzt wie das Gefässsystem

Wie in den meisten anderen medizinischen Fachbereichen setzt das Spital Lachen auch in seinem Gefässzentrum auf eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie garantiert den Patientinnen und Patienten eine professionelle und ganzheitliche Diagnostik, Behandlung und Nachbehandlung.

image

Hoch Health Ostschweiz richtet Fachbereich Diagnostische Neuroradiologie neu aus

Antonia Thieme, Carina Sutter und Stefan Markart übernehmen vorübergehend die Leitung.

Vom gleichen Autor

image

Lohnrunde in Berner Spitälern: Insel Gruppe steigert, Regionalspitäler zurückhaltend

Nach der Nullrunde 2025 erhalten die Mitarbeitenden der Berner Spitäler 2026 leichte Lohnerhöhungen – mit deutlichen Unterschieden zwischen der Insel Gruppe, Kliniken und Regionalspitälern.

image

UPK Basel: Wechsel an der Spitze

Nach 14 Jahren tritt Konrad Widmer als Präsident der Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel zurück. Katja Schott-Morgenroth übernimmt den Vorsitz, Jürg Nyfeler rückt in den Verwaltungsrat nach.

image

Obwalden führt Entschädigung für Bereitschaftsdienst ein

Hausärzte, die im ambulanten Notfalldienst Patienten betreuen, erhalten künftig eine stündliche Entschädigung. Der Schritt soll die Attraktivität des Standorts erhöhen.