Hochspezialisierte Medizin: Warnschuss aus dem Thurgau

Die Kantonsregierung prüft den Austritt aus der Interkantonalen HSM-Vereinbarung. Und sie vermeldet den Unmut weiterer Kantone.

, 16. Februar 2024 um 10:09
image
Kritische Stimme: Der Kanton Thurgau mit dem Kantonsspital Frauenfeld im Vordergrund  |  Bild: PD
«Wenn sich die Kantone mit Universitätsspitälern nicht bewegen, ist absehbar, dass Kantone aus der IVHSM austreten werden»: Mit diesem Statement greift die Regierung des Kantons Thurgau in die Debatte um die hochspezialisierte Medizin ein. In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage moniert der Regierungsrat, dass zunehmend Leistungen mit hohen Fallzahlen der hochspezialisierten Medizin zugeordnet würden – womit sie der kantonalen Spitalplanung entzogen sind.
All das geschehe jenseits des wirtschaftlichen Wettbewerbs.
Das Problem besteht aus Thurgauer Sicht darin, dass die HSM-Gremien einseitig von Kantonen mit Universitätsspitälern besetzt sind: Diese wiederum dürften ein Interesse «an einer oligopolistischen Vergabe der Medizin» haben. Auch seien Spitäler, denen die Konzentration direkt nütze, im Beschlussorgan übervertreten.

Wink mit dem Zaunpfahl

Der Unmut verschiedener Kantone zur heutigen Praxis habe «eine kritische Grenze» erreicht, so die Warnung: Sollten sich die Uni-Kantone nicht bewegen, so sei absehbar, dass andere aus der IVHSM austreten. «Die IVHSM tritt ausser Kraft, wenn die Zahl der Mitgliedskantone unter 17 fällt», winkt die Regierung in Frauenfeld mit dem Zaunpfahl.
Der Thurgauer Regierungsrat selber will Ende 2024 entscheiden, «wie er betreffend IVHSM weiterfährt». Notfalls sei auch ein Austritt «ernsthaft zu prüfen».

«Umstritten»

Die HSM-Zuteilungen werden bekanntlich mehr und mehr zum Streitfall – auch aus dem Aargau und dem Bündnerland kamen zuletzt kritische politische Stimmen.
Und dann sandten im Dezember erstens die Viszeralchirugen und zweitens die Direktoren mehrerer Spitäler Briefe an die GDK sowie diverse HSM-Gremien: Darin prangerten sie die negativen Folgen der heutigen Begrenzungen und Zuteilungen an.
Die HSM-Organe seien allzu sehr auf operative Mindestfallzahlen fixiert, lautete ein Kritikpunkt. Oder: Die Idee der Zentralisierung sei zu einem Selbstzweck geworden.
Insgesamt komme «man nicht um die Feststellung umhin, dass nicht nur die Entscheide, sondern auch das HSM-Beschlussgremium als solches in der Branche umstritten sind», kritisierten die Spitaldirektoren (zu denen sich auch der Chef des Spitals Thurgau gesellt hatte) in ihrem Appell.
Die Thurgauer Kantonsregierung hat sich dieser Sichtweise nun quasi offiziell angeschlossen.
  • HSM
  • Thurgau
  • spital
  • Herzchirurgie
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

HSM: Neue Leistungsaufträge für komplexe Schlaganfall-Behandlungen

Alle zehn Spitäler, welche die komplexen Behandlungen von Hirnschlägen bereits heute durchführen, behielten ihren Leistungsauftrag.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

image

Co-Creation im Gesundheitswesen

Zippsafe revolutioniert mit seinen Produkten das Gesundheitswesen. Ein platzsparendes Spindsystem optimiert Personalumkleiden, während ZippBag und ZippScan den Umgang mit Patienteneigentum verbessern. Erfahren Sie, wie die Produkte durch enge Zusammenarbeit mit Schweizer Spitälern entwickelt wurden.

image

Effiziente Desinfektion: Plastikfrei & nachhaltig

Die Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues bieten nachhaltige und effektive Desinfektion. Sie bestehen aus 100% plastikfreien Cellulosetücher und reduzieren CO₂-Emissionen um 25% pro Packung. Mit hoher Reissfestigkeit, grosser Reichweite und Hautverträglichkeit sind sie optimal für Hygiene und Umwelt.

image

Nachhaltig: Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues

HARTMANN erweitert sein Portfolio um die nachhaltigen Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues. Die Tücher werden aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt und vereinen hohe Wirksamkeit, Materialverträglichkeit und Hautfreundlichkeit. Dabei werden Plastikabfall sowie CO₂-Emissionen reduziert.

image

Neuer Leistungsauftrag für die Oberwaid

Die Klinik Oberwaid ist neu auch mit muskuloskelettaler Rehabilitation auf der Spitalliste der Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. So kann die Oberwaid auch in diesem Fachgebiet grundversicherte Patienten behandeln und leistet einen wichtigen Beitrag in der Region.

Vom gleichen Autor

image

Regionalspital Surselva holt Matthias Spielmann als Interims-CEO

Der Healthcare-Unternehmer Gieri Cathomas übernimmt zugleich das Verwaltungsrats-Präsidium des Spitals in Ilanz.

image

Kantonsspital Herisau: Neue Leitung der Chirurgie

Martin Seifert wechselt von Hoch Health Ostschweiz zum SVAR: Er wird Departementsleiter und Chefarzt Viszeralchirurgie.

image

Universitätsspital Zürich: Ein Prüfungsantrag als Zündfunke

Die Anmeldung eines USZ-Urologen zu einer Schwerpunkt-Prüfung ruft Fachkollegen, die Klinikleitung und sogar Politiker auf den Plan. Der Vorfall lässt ahnen, wie tief das Misstrauen am USZ sitzt.