Gericht verurteilte Arzt, weil er in Syrien gefoltert haben soll

Ein Arzt, der in Hessen (D) als Orthopäde arbeitete, muss lebenslang ins Gefängnis. Er hat laut Urteil in Militäspitälern gefoltert und getötet.

, 16. Juli 2025 um 06:50
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Das Frankfurter Oberlandgericht verurteilte den syrischen Arzt. | ARD
Während rund fünf Jahren arbeitete ein syrischer Arzt als Orthopäde in Hessischen Kliniken. 2020 wurde er festgenommen.
Zeugen erkannten ihn als Assistenzarzt in Militärspitälern des Assad-Regimes. Nach einem über drei Jahre dauernden Prozess hat das Frankfurter Oberlandesgericht den 40-jährigen Arzt wegen Folter und Mord zu lebenslanger Haft verurteilt.
Über das Urteil berichtete die Tagesschau der «ARD». Demnach hat der Arzt 2011 und 2012 neun Menschen schwer an Leib und Seele verletzt und zwei weitere getötet.
Der Verurteilte habe zu einer Gruppe Ärzte gehört, die als die «Beseitigungsgruppe» bekannt gewesen sei. Opfer waren gefangene Zivilisten, die Gegener des damaligen Assad-Regimes waren. Der Arzt habe sadistische Neigungen und diese bei der Folter ausgelebt.
«Der Angeklagte genoss es vor allem, ihm minderwertig und unterlegen erscheinenden Menschen körperliche Schmerzen zu bereiten», sagte der Richter. Opfer hatten in den Verhandlungen schwerste Misshandlungen geschildert. Unter anderem habe der Arzt Wunden mit Alkohol desinfiziert und dann angezündet. In den Kliniken, wo der Arzt als Orthopäde arbeitete, galt er als nett und unauffällig.

Weltrechtsprinzip ermöglichte Prozess

Es ist ungewöhnlich, dass Verbrechen, die in Syrien begangen wurden, in Deutschland bestraft werden. Möglich war dies in diesem Fall wegen des sogenannten Weltrechtsprinzips im Völkerstrafrecht. Es besagt, dass bei besonders gravierenden Verbrechen wie Völkermord, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit jedes Land juristisch tätig werden darf.
Der Verurteilte sagte im Prozess, er sei Opfer eines Komplotts und bestritt die Taten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
In Deutschland arbeiten sehr viele syrische Ärzte. Ende 2023 praktizierten rund 5750 syrische Medizinerinnen und Mediziner, die meisten davon in Spitälern.
Vor einem halben Jahr schlugen diese Alarm: Deutschland hätte ein Problem, wenn syrische Ärzte nach dem Sturz des Assad-Regimes in ihre Heimat zurückkehren würden.
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