Fachärztemangel: Wallis will Hürden für ausländische Mediziner senken

Während Städte eine hohe Ärztedichte haben, fehlen Fachkräfte in ländlichen Regionen. Eine Standesinitiative soll das ändern. Die Erfolgschancen sind gering.

, 12. März 2025 um 05:16
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Die Situation in Berggebieten im Visier: Walliser Hauptstadt Sion  |   Bild: Nolan Krattinger on Unsplash
Wollen ausländische Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) abrechnen, müssen sie zuerst mindestens drei Jahre an einer schweizerischen Weiterbildungsstätte gearbeitet haben.
Diese Regelung ist in Artikel 37 des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) verankert – jedoch gibt es Ausnahmen für die Allgemeinmedizin, die Kinder- und Jugendmedizin sowie die Kinder- und Jugendpsychiatrie und die Kinder- und Jugendpsychotherapie.
Die Ausnahmen der Ausnahmen
Das ist soweit bekannt. Der Kanton Wallis gibt sich damit nicht zufrieden. Er verlangt mit einer Standesinitiative Ausnahmen dieser Ausnahmen. Das heisst, die Ausnahme von der dreijährigen Tätigkeitspflicht soll auf alle Fachgebiete ausgeweitet werden, falls in einem bestimmten Fachgebiet eine Unterversorgung herrscht.
Angesichts der ungleichen Verteilung von Ärztinnen und Ärzten in der Schweiz ist dies nachvollziehbar. Während Städte eine hohe Ärztedichte aufweisen, fehlt es in ländlichen Regionen oft an Fachspezialisten.
Versorgungsengpässe im Wallis
In der zurückliegenden Herbstsession begründete Mitte-Ständerat Beat Rieder den Vorstoss seines Kantons mit akuten Engpässen:
  • In der Gynäkologie nehmen Ärztinnen und Ärzte keine neuen Patientinnen mehr auf.
  • In der Ophthalmologie betragen die Wartezeiten sechs bis zwölf Monate.
  • In der Dermatologie und Rheumatologie sind es zwölf Monate.
  • In der Hausarztmedizin ist man dringend auf ausländische Ärzte angewiesen.
Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) bestätigt in seinem Bericht vom November 2022, dass im Wallis die Abdeckung in rund zwei Dutzend Fachbereichen unter dem Durchschnitt liegt. Allerdings, so FDP-Ständerat Damian Müller, sei das Wallis kein Einzelfall – auch andere Kantone stünden vor ähnlichen Herausforderungen.
Kritik an der Initiative
SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen lehnt die Initiative ab. Nach ihrer Ansicht gibt es gute Gründe für die Weiterbildungspflicht, wie sie im Ständerat erklärte:
  • Sie gewährleistet eine hohe Behandlungsqualität.
  • Sie vermittelt den Ärztinnen und Ärzten wichtige Kenntnisse, auch in Bezug auf kulturelle Unterschiede.
  • Zudem existieren bereits Ausnahmebewilligungen, um Engpässe schnell zu überbrücken.
Kaum Chancen auf Annahme
Die Erfolgsaussichten der Standesinitiative sind gering. Die vorberatende Nationalratskommission empfiehlt mit 16 zu 5 Stimmen die Ablehnung. Bereits in der Herbstsession wurde sie im Ständerat mit 24 zu 12 Stimmen verworfen. Kommende Woche entscheidet nun der Nationalrat.
  • politik
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