EPD-Herausgeber haben keine Angst vor Konkurrenz

Eine neue Patienten-App wird als «EPD-Konkurrent» und als private «EPD-Kopie» gehandelt. Doch E-Health Suisse hat keine Angst davor.

, 28. Juni 2023 um 06:22
image
Symbolbild: Freepik
Das elektronische Patientendossier (EPD) kommt nicht zum Laufen. Nur gerade rund 18'000 Menschen in der Schweiz haben es bereits. Fieberhaft versucht der Bund das EPD wiederzubeleben. Derweil haben andere Anbieter eine Patienten-App herausgegeben, welche bereits als Konkurrenz und als Kopie des Bundes-EPD gefeiert wird.

Spitäler und Krankenkassen beteiligt

Konkret geht es um «Compassana», ein Unternehmen, das Anfang 2022 von Medbase, Hirslanden, Groupe Mutuel, Helsana und Swica gegründet worden ist und dem sich vor kurzem auch das Luzerner Kantonsspital angeschlossen hat.
Es tönt in der Tat nach EPD-Konkurrenz, was «Compassana» anpeilt: Es will «im Schweizer Gesundheitswesen ein offenes Ökosystem mit interessierten Partnern» aufbauen. Mit der App können die Patienten ihre Gesundheitsdossiers verwalten oder bei Beschwerden Rat holen.

Nicht so neu

Doch darin gleich eine EPD-Kopie oder sogar eine Konkurrenz zum EPD zu sehen, ist zu hoch gegriffen – auch wenn das EPD tatsächlich noch keine Erfolge vorzuweisen hat.
«Compassana» ist nicht so neu: Auch «Well» oder «Cuore» von der Post sind ähnliche Angebote. Wohl auch deshalb hat sich die Ärztegesellschaft des Kantons Luzern vor einiger Zeit skeptisch gegenüber «Compassana» gezeigt, wie Medinside hier berichtete.

Vor allem für Kundenbindung

Die Ärzte sehen die App eher als Marketingmassnahme. Es sei ein neuer Versuch der Kundenbindung mit elektronischen Gadgets und dem Ziel, weitere Quellen der Datenbeschaffung rund um die Patienten und Versicherten zu erschliessen.
Und was sagen die EPD-Herausgeber zu solchen neuen Apps? Sind sie wirklich eine Konkurrenz oder könnten sie sogar ein Ersatz für das angeschlagen EPD werden?

Streng geregeltes EPD

Nein, sagen die Verantwortlichen von E-Health Suisse. Diese Stelle ist im Auftrag von Bund und Kantonen fürs EPD verantwortlich. Der Grund für das dezidierte Nein: Das EPD sei im Gegensatz zu den Gesundheitsapps der Krankenversicherer gesetzlich geregelt.
«Das EPD erfüllt strenge Datenschutz-Vorgaben und garantiert den Anwendern höchste Sicherheit», führt E-Health ins Feld. «Wir sehen die Gesundheitsapps deshalb nicht als Alternative, sondern als Ergänzungen zum EPD», beantwortet E-Health die Frage von Medinside.

Zum Anschluss verpflichtet

E-Health glaubt nicht, dass das EPD von den Gesundheitsapp ernsthaft gefährdet werden könnte. Nur das EPD könne gewährleisten, dass sich wirklich alle EPD-Anbieter und Gesundheitseinrichtungen miteinander verbinden könnten.
Das EPD habe zudem einen entscheidenden Vorsprung: «Bereits heute sind Institutionen, die eine stationäre Behandlung anbieten wie Akutspitäler, psychiatrische Kliniken und Rehabilitationskliniken, Pflegeheime sowie Geburtshäuser, sowie seit 2022 neu zugelassene Arztpraxen verpflichtet, sich einem EPD anzuschliessen.

Keine grundsätzlichen Vorbehalte

Was sich die E-Health-Verantwortlichen aber vorstellen können: Die Anbieter von Gesundheitsapp könnten mit dem EPD zusammenarbeiten.
E-Health hat keine grundsätzlichen Vorbehalte gegen Apps wie Compassana. Denn die Schweiz habe bezüglich Digitalisierung des Gesundheitswesens noch Nachholdbedarf. Doch es sei wichtig, dass private Anbieter ihr Vorgehen mit anderen abstimmen.

Was sagen Nutzer?

Private EPD-Apps dürften es auch bei Nutzern schwer haben. «Eine private EPD-App lehne ich ab», kommentiert ein IT-Spezialist. Gesundheitsdaten seien sehr sensibel, schützenswert und wertvoll. Ihn wundert nicht, dass Private solche Daten sammeln wollen.
  • trends
  • elektronisches patientendossier
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Ausgezeichnetes Schweizer Design für Laborgeräte

Drei Laborgeräte, die in der Schweiz gestaltet worden sind, haben die renommierte Design-Auszeichnung «Red Dot Award» 2025 gewonnen.

image

In dieser Halle werden Spitäler designt

Das Spital Bülach, das Spitalzentrum Biel und der Innovation-Hub Genolier sind Kunden des Swiss Center for Design and Health im bernischen Nidau bei Biel.

image

Genf: Milliarden-Campus für das Leben von morgen

In Meyrin bei Genf wird ein ambitioniertes Gesundheitsprojekt aufgegleist: Es soll ein Dutzend Neubauten und 150'000 Quadratmeter Fläche umfassen – und hat einen interessanten Fokus.

image

USB lagert seine Schönheitschirurgie aus

Die Margarethenklinik Basel soll «mehr unternehmerische Freiheit» erhalten. Deshalb gehört sie nun nicht mehr zum Universitätsspital Basel.

image

Studie untermauert die heilende Wirkung der Spitalclowns

Bei Lungenentzündung führten sie in Kinderspitälern zu einer deutlich kürzeren Aufenthaltsdauer. Auch waren bestimmte Marker besser.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.