Die Angestellten werfen sich Spritzen zu, ein Spitalbett überrollt fast eine alte Dame am Rollator: Ein solches
Spass-Video des Universitätsspitals Zürich (USZ) soll auf Instagram um junge Mitarbeitende werben.
«Zwangs-Witzeln ist inakzeptabel»
Witzig? Darüber dürften die Meinungen geteilt sein. Einer findet solches «Zwangs-Witzeln» aber definitiv «inakzeptabel». Der ehemalige USZ-Herzchirurg André Plass. Bereits vergangenen September kritisierte er auf dem
Internet-Portal Inside-Paradeplatz ein Rollstuhl-Video des USZ.
Der Spot auf Tik-Tok und Linked-In zeigte einen Mann im Spitalgewand, wie er hilflos im Rollstuhl in die Stadt hinunterrollte und dann im Zürichsee landete. Ein USZ-Arzt rettet nach einer todesmutigen Verfolgungsfahrt den Mann vor dem Ertrinken.
Versuch, Ruf aufzupolieren?
Schon damals kritisierte Plass: «Das USZ, ein Spital, das in den letzten Jahren drei Klinikdirektoren in die Wüste schicken musste, weil es bei diesen unfassbare Vorkommnisse gegeben hatte, versucht mit einem Jux-Video auf sozialen Medien seinen Ruf aufzupolieren.»
Das eigentliche Thema: Maisano
Er findet es unangemessen, das Arbeiten im Spital als Spassveranstaltung zu inszenieren. «Patienten erwarten seriöses Arbeiten und nicht Spässe auf ihre Kosten – alles andere erhöht die Patientengefährdung», schreibt er.
Und kommt dann zum eigentlichen Thema: «Noch gravierender ist das Frisieren oder Beschönigen von Dokumenten und Daten. Und auch da weist das grosse, stolze USZ den falschen Weg.»
Angriff auf USZ-Chefs
Er schreibt über seinen damaligen Chef, Francesco Maisano: «Er setzte Implantate ein, an deren Erfolg er im grossen Stil beteiligt war, die aber Patienten mutmasslich in Gefahr brachten.»
Und kritisiert im Artikel die USZ-Chefs: «Statt Klartext zu reden, überschütteten sie Maisano mit Lob, als dieser nach Offenlegung eines Berichts im Zuge von meinem Whistleblowing das Spital verliess.»
USZ-Ruf «nachhaltig geschädigt»
Dann folgt die verbitterte Abrechnung: «Man wähnte sich im falschen Film: Frisierte Dokumentationen wurden als Kavaliersdelikt zur Seite gewischt, selbst wenn auch da Patientengefährdung nicht auszuschliessen war.»
Der Fall Maisano hatte grosse Wellen geworfen. Plass ortet die Nachwirkungen: Wissenschaftliche Arbeiten müssten nun korrigiert werden. Der Ruf des USZ sei «nachhaltig geschädigt – jedenfalls in jenen Kreisen, auf die es am Ende ankommt: bei den Aktiven im Spitalwesen und in der Akademie.»
Der Whistleblower
André Plass hatte vor drei Jahren als Whistleblower auf verschiedene Missstände an der Klinik für Herzchirurgie aufmerksam gemacht. Er wurde entlassen, klagte jedoch bis vor Bundesgericht gegen die Kündigung. Das Bundesgericht entschied letztes Jahr, dass die Entlassung von André Plass rechtens war.
Die Begründung dafür: Dass er Unregelmässigkeiten in der Klinik ans Licht gebracht hatte, sei nicht der Grund für die Entlassung gewesen. Vielmehr sei der Konflikt zwischen ihm und seinem Vorgesetzten, dem Klinikdirektor Francesco Maisano, so verhärtet gewesen sei, dass er nur durch die Auflösung einzelner Anstellungsverhältnisse habe beruhigt werden können. Der Konflikt sei auch durch das Verhalten von André Plass entstanden.
Plass hatte Maisano vorgeworfen, Studien geschönt, Interessenkonflikte verschwiegen und Behörden in die Irre geführt zu haben. Damit habe der Direktor für Herzchirurgie am USZ die Patientensicherheit gefährdet. Das USZ beendet auch das Arbeitsverhältnis mit Francesco Maisano.