Bundesgericht sieht keine Zwangsmedikation

«Pharmawaffen»: Ein Pflegeheim-Bewohner beschwerte sich darüber, dass ihm das Neuroleptikum «Xeplion» ohne Einwilligung verabreicht werde.

, 4. April 2025 um 03:50
image
Das Bundesgericht geht davon aus, dass sich der Pflegeheim-Patient die «Xeplion»-Spritzen letztlich freiwillig verabreichen lässt. | Symbolbild Unsplash
Der Beschwerdeführer lebt seit 2017 im geschlossenen Bereich eines Alters- und Pflegeheimes im Kanton Zürich. Er hatte 1981 in einer psychotischen Episode seinen Vater tödlich mit dem Beil verletzt. Seit langem wird er mit verschiedenen Neuroleptika behandelt.
Neuroleptika sind Medikamente, die psychische Störungen wie Wahn und Halluzinationen behandeln. Der Betroffene verlangte vom Bezirksgericht Hinwil, dass das Heim die angebliche Zwangsmedikation mit «Xeplion» beenden müsse. Nach Anhörung und Begutachtung sowie Einholen zahlreicher Stellungnahmen, insbesondere auch bei der behandelnden Heimärztin, hielt das Bezirksgericht fest, es liege keine schriftlich angeordnete Zwangsmedikation vor.
Aber wegen der näheren Umstände sei von einer Zwangsmedikation auszugehen – und die Notwendigkeit sowie Angemessenheit zu überprüfen. Denn dies sei letztmals 2019 durch das Obergericht erfolgt.
Das Gericht kam zum Schluss, dass die Voraussetzungen für eine Behandlung ohne Zustimmung erfüllt seien, aber die Medikation von «Xeplion» auf «Trevicta» umzustellen sei. Es wies die Beschwerde ab – unter Anordnung einer Zwangsbehandlung mit «Trevicta».

Obergericht befand: Letzlich freiwillig

Das darauf eingeschaltete Obergericht des Kantons Zürich stellte eigene Nachforschungen an und kam zum Schluss, dass der Beschwerdeführer sich die Depotmedikation durch die Heimärztin letztlich jeweils freiwillig verabreichen lasse: Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Mann nur unter dem Druck bevorstehenden unmittelbaren Zwangs in die Behandlung mit «Xeplion» einwillige.
Es hob den Entscheid des Bezirksgerichts auf – worauf der Betroffene ans Bundesgericht gelangte. Er wolle nicht mehr mit Neuroleptika behandelt werden.
Das Bundesgericht befand nun, dass sich der Beschwerdeführer in allgemeiner Weise gegen die Psychiater beziehungsweise die Psychiatrie wende und fordere, dass das «Vernichtungsprozedere mit Neuroleptika ein Ende finden» müsse. Man wolle ihn «bettlägerig und invalid beziehungsweise debil» machen. Es gehe um «Sterilisation, Kastration und Abtreibung, was psychologisch einer Kreuzigung oder dem Scheiterhaufen oder einer Vergasung» entspreche. Pharmawaffen würden in die Hölle führen.

Nicht genug begründet

Mit ähnlichen Worten habe sich der Beschwerdeführer jeweils schon in früheren Beschwerden geäussert, befand das Bundesgericht. Damit bringe er zwar klar zum Ausdruck, dass er eigentlich nicht mit dem Medikament «Xeplion» behandelt werden möchte, aber er äussere sich nicht dazu, ob er sich das Medikament letztlich jeweils freiwillig verabreichen lasse.
In dieser Hinsicht erachtete das Bundesgericht die Beschwerde als offensichtlich nicht hinreichend begründet und trat deshalb gar nicht darauf ein.
Bundesgericht: Urteil 5A_208/2025 vom 20. März 2025

  • recht
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Walliser Hausarzt übersah Aneurysmaruptur – verurteilt

Die Patientin erlitt Hirnblutungen. Das Kantonsgericht verurteilte deswegen ihren Hausarzt.

image

Neuenburger Psychiaterin muss 173'000 Franken zurückzahlen

Das Bundesgericht bestätigt die unwirtschaftliche Praxisführung. Die Kosten waren mehr als doppelt so hoch wie bei Kollegen.

image
Der Rechtsfall der Woche

Indexklauseln – Schlüssel zu stabilen Tarifpartnerschaften in der Zusatzversicherung

Sie ermöglichen Planungssicherheit, senken Verhandlungskosten und sorgen für Transparenz. Dennoch begegnen Versicherer Indexklauseln mit Skepsis. Sie fürchten regulatorische Stolpersteine – zu Recht?

image

Wenn qualifizierte Therapeuten als «in Ausbildung» gelten

Die Bewilligungspflichten sorgen für Verdruss in der Physiotherapie. Berufseinsteiger geraten ins Abseits, Praxen sehen sich bedroht. Der Branchenverband SwissODP fordert von den Kantonen mehr Pragmatismus – und mehr Respekt vor Diplomen.

image

Rückforderungen: Bundesgericht gibt weiterer Ärztin recht

Rund 20 Krankenversicherungen verlangten von einer Ärztin 135'000 Franken zurück. Das Bundesgericht fordert eine Neubeurteilung.

image

Aargau: Kanton darf verurteiltem Arzt Bewilligung entziehen

Ein Arzt, der wegen sexueller Übergriffe eigentlich schon lange nicht mehr arbeiten dürfte, muss nun aufhören: Das Bundesgericht gab dem Kanton recht.

Vom gleichen Autor

image

Spitex Zürich erhält einen neuen CEO

Der Geschäftsleiter der Regio-Spitex Limmattal wird der neue Chef der Spitex Zürich. Der bisherige CEO, Markus Reck, geht in Pension.

image

Datenleck bei Hirslanden Zürich: Es war menschliches Fehlverhalten - kein IT-Problem

Ein Hirslanden-Belegarzt gab seine Login-Daten zu den Patientenakten weiter. Die Zugriffsrechte von Belegärzten seien aber kein grundsätzliches Problem, betont der Hirslanden-Sprecher.

image

Lindenhof gibt Spitalstandort Engeried auf

Grosser Umbau in der Berner Lindenhofgruppe: Im Engeried gibt es künftig nur noch ambulante Radiologie und Arztpraxen. Der Rest wird an den Lindenhof und an den Sonnenhof verlegt.