Arzt vor Gericht, weil er Entwurmungsmittel verschrieben hat

War es während der Pandemie zulässig, zum Wohl der Patienten ein Wurmmittel zum Off-Labe-Use zu verschreiben? Ein Schwyzer Gericht muss entscheiden.

, 19. Februar 2025 um 08:31
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Ist in Indien für umgerechnet 2.90 Franken pro Packung erhältlich: das Entwurmungsmittel Ivermectin. | Bild: Indiamarkt
Ein Arzt aus dem Kanton Schwyz hat 2021 zweimal je 3000 Tabletten des Entwurmungsmittels Ivermectin bestellt und an Patienten weiterverkauft. Während der Pandemie wurde das Mittel als vermeintliche Wunderwaffe angepriesen.
Nun steht der Arzt vor dem Bezirksgericht. Laut einem Bericht der Zürichsee-Zeitung ist sich der Beschuldigte keiner Schuld bewusst. Er sei seinen Pflichten als Arzt stets nachgekommen und das Wohl der Patienten sei immer an erster Stelle gestanden, sagte er.
Sein Vorgehen falle unter den sogenannten Off-Label-Use. Das heisst: Da es zur Behandlung von Covid-19 noch kein zugelassenes Medikament gab, durften Ärztinnen und Ärzte auf Medikamente zurückgreifen, mit denen in anderen Ländern mit ähnlichen Arzneimittelkontrollen bereits erste Erfahrungen gemacht wurden. Er berief sich auch auf das Recht, Medikamente in Notfällen selber zu importieren.

Auch verbotenes Vibasin-10 sichergestellt

Neben Ivermectin stellten die Behörden bei der Hausdurchsuchung vor drei Jahren auch rund 500 Dosen Vibasin-19 sicher. Damals warnte Swissmedic eindringlich vor Vibasin-19 und anderen Mitteln mit dem Desinfektionsmittel Chlordioxid und verbot den Vertrieb und Verkauf.
«Die Anwendung dieser Produkte ist bedenklich. Chlordioxidlösungen wirken nicht gegen die Covid-19 Krankheit, können aber zu Vergiftungen führen», schrieb Swissmedic damals. Die Einnahme von Chlordioxid könne Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall auslösen und bei hohen Dosen sogar zu Nierenversagen, schweren Darmschädigungen oder Blutdruckabfall führen.

Arzt hat sich anfänglich gewehrt

Ein weiterer Punkt, der vor Gericht verhandelt wird, ist das Verhalten des Arztes wähend der Hausdurchsuchung. Er soll sich dagegen gewehrt haben, indem er die Tür blockiert habe. Der Beschuldigte sagte, dass die Polizei an jenem Tag in Zivil aufgetaucht sei und zunächst keinen Hausdurchsuchungsbefehl vorgelegt habe.
Die Durchsuchung habe einem Überfall geglichen. Erst als er arretiert auf einem Stuhl gesessen habe, sei ihm ein entsprechendes Dokument gezeigt worden. Von da an habe er kooperiert, sagte der Arzt.

Cochrane: «Keine Evidenz für Wirksamkeit»

Ob der Arzt legal handelte, entscheidet das Gericht in den nächsten Tagen. Mittlerweile gibt es etliche Studien zur Wirksamkeit von Ivermectin gegen Covid-19. Die unabhängige Organisation Cochrane kam aufgrund einer Übersicht über die Studien zum Schluss: «Wir fanden keine Evidenz, die den Einsatz von Ivermectin zur Behandlung von Covid-19 oder Prävention einer Covid-19-Infektion stützt.»
Ivermectin wird als Medikament gegen Parasiten, etwa Würmer bei Pferden oder Krätzmilben bei Menschen, eingesetzt. Ivermectin wurde aber von den Arzneimittelbehörden nie zugelassen als Medikament bei einer Covid-19-Erkrankung.
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