Bewilligungs-Wildwuchs: Physio-Firmen bereiten Klage vor

Die kantonalen Unterschiede bei der Berufsausübungs-Bewilligung in der Physiotherapie stossen auf Unmut. Jetzt soll geklärt werden: Welche Kantone gehen zu weit?

, 3. Oktober 2024 um 23:34
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Was bedeutet «in eigener fachlicher Verantwortung»? Physiotherapie-Ausbildung  |  Bild: Wikimedia Commons
Wer braucht es in der Physiotherapie eine Berufsausübungs-Bewilligung? Das Gesundheitsberufe-Gesetz des Bundes regelt das – irgendwie. Es verlangt solch eine Lizenz für Personen, die «in eigener fachlicher Verantwortung» ihren Gesundheitsberuf ausüben.
Im Kanton Aargau bedeutet dies, dass in einer Physiotherapie-Praxis nur der leitende Physio eine Berufsausübungsbewilligung benötigt.
Im Kanton Obwalden gilt die Pflicht für die Leitung einer Physiotherapie-Praxis sowie für die Stellvertretung – für die anderen jedoch nicht.
Im Kanton Zürich benötigen alle Physiotherapeuten solch eine BAB.
Auch die Gebühren schwanken nach rätselhaften Regeln. Im Aargau verlangen die Behörden 200 Franken für die notwendige Bescheinigung. In Obwalden sind es 500 Franken. Im Kanton Zürich müssen alle Physiotherapeuten pauschal 800 Franken bezahlen.

«Ein gewisser Spielraum»

All dies macht deutlich, welcher Wildwuchs in der Durchsetzung des Gesundheitsberufe-Gesetzes auf Kantonsstufe herrscht. Dies wiederum stellt die Frage in den Raum, welcher Kanton denn recht hat: Wer handelt im Sinne des (Bundes-)Gesetzgebers? Und wer eher nicht?
SwissODP verlangt, dass dies geklärt wird. Die Organisation vereinigt rund 140 Praxisbetriebe der Physiotherapie und wandte sich im Juli ans Bundesamt für Gesundheit: Das BAG solle aktiv werden und sicherstellen, dass alle Kantone das revidierte Gesundheitsberufegesetz im Sinne des Gesetzgebers umsetzen. In der Lesart von SwissODP benötigen Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen mit einem Diplom, die unter Aufsicht arbeiten, gewiss keine Berufsausübungsbewilligung.
«Solange dieser Missstand besteht, empfiehlt die SwissODP ihren Partnern, keine Berufsausübungsbewilligung für unter Aufsicht arbeitende Physiotherapeuten zu beantragen», schrieb SwissODP-Verwaltungsrat Anton Widler damals.
Doch inzwischen ist klar: Das BAG möchte sich lieber nicht einmischen. «Die Kantone haben einen gewissen Spielraum bei der Feststellung, ob eine Fachperson nach GesBG in eigener fachlicher Verantwortung tätig ist und dementsprechend der Bewilligungspflicht unterliegt», lautete die Antwort aus Bern.

Gesucht: Musterfälle

Die Physiotherapie-Firmen wollen dies nicht hinnehmen. Laut einer neuen Mitteilung von SwissODP forderten sie das BAG nun erneut auf, in der Sache tätig zu werden. Ansonsten wolle man die Sache mit betroffenen Praxen vor Gericht bringen: «Wir sind überzeugt, dass der Bund in dieser Sache zum Eingriff verpflichtet ist», so SwissODP.
«Es ist keine Frage der Verhandlung, es ist eine Frage der korrekten Gesetzesauslegung», sagt Anton Widler.
Dem Vernehmen nach prüfen die Physiotherapeuten derzeit, welche konkreten Fälle in welchen Kantonen sich am besten eignen, um ein Präjudiz zu erwirken.
Der Vorgang ist insofern von Bedeutung, als die Physios hier eine Frage in den Raum stellen, welche die Beschäftigten in vielen anderen Berufsgruppen des Gesundheitswesens ebenfalls umtreibt. Affaire à suivre.
  • Gebühren für Bewilligungen: Der Preisüberwacher greift ein. Bei den Lizenzen für Gesundheitsberufe drängt sich der Verdacht auf Abzockerei auf.

  • Physiotherapie
  • Bürokratie
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