Abwasser-Monitoring soll Antibiotika-Resistenzen überwachen

Bald könnte das Abwasser nebst Sars-Cov-2 auch auf andere Krankheitserreger ausgeweitet werden. Doch nicht alle halten diese Idee für sinnvoll.

, 30. Januar 2023 um 12:42
image
Abwasser könnte unter anderem auf Corona, Polio, Grippe, Affenpocken oder Antibiotika-Resistenzen untersucht werden. | Symbolbild: London School of Hygiene & Tropical Medicine
Während der Covid-19-Krise wurde mithilfe von Abwasserproben ein Monitoring der Krankheitserreger angewendet. Die nationalrätliche Gesundheitskommission möchte dieses Instrument nun als Frühwarnsystem institutionalisieren. Denn es sei nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Pandemie ausbreche. Mit einem Monitoring könnte Leben gerettet – und Folgekosten für die Wirtschaft vermieden werden.
Konkret soll die Untersuchung des Abwassers ausgeweitet werden, um übertragbare Krankheiten frühzeitig zu erkennen und zu überwachen sowie die Abwasserproben regelmässig zu sequenzieren. Bereits in mehreren Ländern werde das Abwasser nicht nur auf das Sars-Cov-2, sondern auch auf andere Krankheitserreger wie Polio-, Grippe- oder Affenpockenviren untersucht, steht im Postulat der Gesundheitskommission zu lesen.

Bessere Entscheide durch Beobachtung in Echtzeit

In Krisen könnte mit dem Abwasser-Monitoring so die Entwicklung der epidemiologischen Lage «zeitnah, anonym und von klinischen Tests unabhängig» verfolgt werden. Die Beobachtung der Ausbreitung und Veränderungen von Krankheitserregern in Echtzeit würde zudem zu besseren Entscheidungsgrundlagen führen. Mit 20 bis 30 Abwasser-Reinigungsanlagen könnte bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung abgedeckt werden.
Aber auch ausserhalb von Krisen hätte das geplante Monitoring einen konkreten Nutzen: Die Gesundheitskommission nennt beispielsweise die Überwachung von Antibiotika-Resistenzen oder chemischen Verunreinigungen. Und die daraus gewonnen Informationen könnten zur Innovationsfähigkeit der Schweiz beitragen und damit den Forschungs- und Wirtschaftsstandort stärken. Als wissenschaftliche Grundlage für die Ausdehnung der Abwasserbeobachtung könnte das laufende Forschungsprojekt des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) «Wastewater-based Infectious Disease Surveillance» dienen.

Bundesrat dafür – Kommissions-Minderheit dagegen

Der Bundesrat hat nun beantragt, das Postulat anzunehmen. Dies geht aus einer vor kurzem veröffentlichten Stellungnahme hervor. Das Gremium ist bereit, im Rahmen der laufenden Revision des Epidemiengesetzes die gesetzlichen Grundlagen im Bereich der epidemiologischen Überwachung vertieft zu prüfen. Dies betreffe auch das Abwassermonitoring und die Sequenzierung der Krankheitserreger. Ebenfalls werde geprüft, ob ein Abwasser-Monitoring auch in Bezug auf andere Erreger übertragbarer Krankheiten oder auch von Antibiotika-Resistenzen ein geeignetes Instrument sein könnte.
Das Postulat wurde aber nicht einstimmig von der nationalrätlichen Kommission eingereicht. Denn nicht alle Mitglieder halten die Ausweitung der Untersuchung des Abwassers in dieser Form für eine gute Idee. Thomas de Courten, Präsidentin Céline Amaudruz, Martina Bircher, Marcel Dobler, Andreas Glarner, Therese Schläpfer und damals noch Albert Rösti beantragten, das Postulat abzulehnen. Nun muss der Nationalrat in der nächsten Session darüber befinden.
  • forschung
  • Abwasser
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Ostschweizer Kispi und HSG: Gemeinsames Diabetes-Forschungsprojekt

Untersucht wird, wie sich Blutzuckerschwankungen auf die Nervengesundheit bei Kindern mit Diabetes Typ 1 auswirken - und welche Rolle Lebensstilfaktoren spielen.

image

Das «Time Magazine» ehrt noch einen Schweizer

Fidel Strub verlor seine rechte Gesichtshälfte an die Tropenkrankheit Noma. Seit Jahren kämpft er für deren Erforschung.

image

Insel-Chirurg mit dem Håkan Ahlman Award ausgezeichnet

Cédric Nesti wurde von der Europäischen Gesellschaft für Neuroendokrine Tumoren für eine Publikation über die Gefährlichkeit von Lymphknotenmetastasen.

image

Neues Prognosemodell weist auf Risiko für Opioidabhängigkeit hin

Unter der Leitung von Maria Wertli (KSB) und Ulrike Held (USZ) haben Forschende der ETH Zürich und der Helsana ein Modell zur Risikoeinschätzung einer Opioidabhängigkeit entwickelt.

image

Hirntumor-Risiko für Kinder: Entwarnung

Schuld könnten die kleinen Fallzahlen sein: Dass Kinder im Berner Seeland und im Zürcher Weinland mehr Hirntumore haben, ist wohl das Zufalls-Ergebnis einer Studie.

image

Seltene Krankheiten: «Oft spürt die Mutter, dass etwas nicht in Ordnung ist»

Wird dereinst das gesamte Genom des Neugeborenen routinemässig auf Krankheiten untersucht? In manchen Ländern wird das schon getestet, sagt Stoffwechselspezialist Matthias Baumgartner.

Vom gleichen Autor

image

Kantonsspital Glarus verliert GL-Mitglied

Thomas Kühnis, Chef der Finanzen, Informatik und Betriebe, verlässt nach neun Jahren die Geschäftsleitung des Kantonsspitals Glarus.

image

Neue Ärzte-Tarife auf dem Weg zur Genehmigung

Die Tarifpartner beantragen wie geplant die Genehmigung eines Tarifsystems aus ambulanten Pauschalen und Tardoc.

image

Schatten über dem Verkauf des Spitals Flawil

Wurden beim Verkauf des Spitals Flawil die Vertragspartner getäuscht? Mehrere Kantonsparlamentarier verlangen Antworten von der St.Galler Regierung.