Studie: Todesfälle durch Tier-Mensch-Infektionen werden sich vervielfachen

Amerikanische Forscher zeichneten einen jahrzehntelangen Trend auf: Immer mehr Übertragungen, immer grössere Epidemien deswegen.

, 9. November 2023 um 23:00
letzte Aktualisierung: 27. November 2023 um 09:17
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Symbolbild: Ömer Yıldız on Unsplash
Eine Gruppe von kalfornischen Wissenschaftlern hat die wichtigsten Zoonosen in einer historischen Sicht erfasst und dazu Zeitreihen erstellt. Ein Fazit dabei: In den vergangenen sechs Jahrzehnten stieg die Zahl der 'zoonotic spillovers' im Schnitt um 4,98 Prozent pro Jahr. Und die Zahl der erfassten Todesfälle in diesem Zusammenhang kletterte um jährlich 8,7 Prozent nach oben.
Dabei berücksichtigte das Team um die Datenanalystin Amanda Jean Meadows die jüngste Covid-Pandemie nicht: Dieser gewaltige Sonderfall hätte das Bild verzerrt.
  • Amanda Jean Meadows, Nicole Stephenson, Nita K. Madhav, Ben Oppenheim: «Historical trends demonstrate a pattern of increasingly frequent and severe spillover events of high-consequence zoonotic viruses», in: «BMJ Global Health», November 2023.
Der erfasste stetige Anstieg der tierviren-bedingten Todesfälle bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Übertragungen inzwischen gefährlicher geworden sind: Er dürfte stark auch eine Folge der besseren Informationslage sein – mehr Opfer werden erfasst als zu Beginn der beobachteten Datenreihen in den 1960ern.
Die Forscher, angestellt bei der Forschungsfirma Gingko Bioworks, nahmen eine breite epidemiologische Datenbasis, die sich über einen Zeitraum von 1963 bis 2019 erstreckte. Dabei wurden 3'000 Ausbrüche und Epidemien berücksichtigt.

Ernstes Risiko

Ein ernsthaftes Risiko wird durch die Studie offensichtlich: Sollten die «spillover events» mit der gleichen Wachstumsrate weiter steigen, dann wird sich ihre Zahl im nächsten Vierteljahrhundert vervierfachen – und die Zahl der Todesfälle wegen «zoonotic diseases» würde im Jahr 2050 rund zwölf mal höher liegen als 2020.
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Jährliche Zahlen der gemeldeten Ausbrüche (A) und Todesfälle (B), die durch Filoviren, Sars- Coronavirus 1, Machupo- und Nipah-Viren verursacht wurden, 1960 bis 2019 (Punkte). Die Linie zeigt den Trend. — Quelle: zitierte Studie
Dabei sagt das Forscherteam um Amanda Jean Meadows selber, dass seine Erwartungen eher konservativ sind: Wahrscheinlich sei, dass wir noch viel mehr Ausbrüche und Todesfälle registrieren werden.
Dies weil sich die Kommunikations- und Informations-Lage verbessert – während frühere Fälle unentdeckt blieben. Obendrein ist eine Verschärfung der Lage durch den Klimawandel denkbar – aber im beschriebenen Szenario nicht berücksichtigt.
So oder so: Die allgemeine Wahrnehmung, dass es immer mehr solche Übertragungs-Fälle und Befürchtungen gibt (Stichwörter: Ebola, Mers, Vogelgrippe, Sars) durch die Realität untermauert.
«Unsere Auswertung der historischen Daten legt nahe, dass die Reihe der jüngsten Epidemien, die durch Zoonose-Spillovers ausgelöst wurden, keine Abweichung oder zufällige Häufung darstellt», so die Studie: Sondern es zeige sich ein jahrzehntelanger Trend, «bei dem durch Spillover ausgelöste Epidemien sowohl grösser als auch häufiger wurden.»
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