St.Galler-Studie zeigt, wie man mit der richtigen Behandlung Millionen sparen könnte

Die Auswirkungen von unnötigen Behandlungen sind kostspielig. Eine neue Studie zeigt mögliche Einsparnisse anhand von zwei Krankheitsbildern auf.

, 15. Februar 2023 um 15:01
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Symbolbild Pixabay
Im Gesundheitswesen gibt es den Begriff «Low Value Care». Darunter werden Leistungen verstanden, die den Patienten wenig bis keinen Nutzen bringen oder sogar potenziell Schaden verursachen. Durch die Über- oder Fehlversorgung entstehen nicht nur unnötige Kosten; es werden auch knappe Gesundheitsressourcen verschwendet.
Nun haben Forschende der Universität St.Gallen anhand von zwei Krankheitsbildern untersucht, wie Patienten bei gleichzeitiger Kosteneinsparung besser behandelt werden können.
Gewählt wurden die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, COPD, und die koronare Herzkrankheit, KHK, gewählt. Beider Krankheiten sind weit verbreitet und bringen einen hohen Leidensdruck mit sich.

COPD: Medis im Fokus

2019 war COPD die dritthäufigste Todesursache weltweit. In der Schweiz leiden mindestens 400'000 Menschen an der unheilbaren Lungenerkrankung, die rund 603 bis 847 Millionen Franken pro Jahr verursacht.
Das Problem: Damit es nicht zu einer deutlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes (Exazerbation) kommt, müssen die verschriebenen Medikamente regelmässig eingenommen werden.
Die Auswertung der Daten des Versicheres Groupe Mutuel zeigen, dass Patienten, die langwirkende Medikamente regelmässig einnehmen, ein um rund 50 Prozent niedrigeres Risiko haben, eine Exazerbation zu erleiden.
Das Problem: Laut Studie hatten fast die Hälfte der Patienten weniger als 40 Prozent der Zeit eine ausreichende Medikamentenreserve zu Hause.

10'000 Franken pro Patient

Das wirkt sich auch auf die Gesundheitskosten aus: Die Gesundheitsausgaben von COPD-Patienten, die ihre Medikamente nicht regelmässig einnehmen, sind im Durchschnitt um rund 10'000 Franken höher als im Vergleich zu Patienten mit einer regelmässigen Medikamenteneinnahme.
Alexander Geissler, Akademischer Direktor und Lehrstuhlinhaber Management im Gesundheitswesen bei der Uni St.Gallen: «Diese Ergebnisse zeigen auf, dass es an der Zeit ist, digitale Gesundheitsanwendungen für chronische Krankheiten zu entwickeln.»
Geissler ist sich sicher, dass strukturierte Behandlungsprogramme, die Patienten helfen, ihre Medikamente nach Verschreibung zu nehmen, effektiv wirken - sei es auf die Gesundheit und die Kosten.

KHK: Invasive Diagnoseverfahren

Die KHK zählt zu den häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ist eine der wichtigsten Ursachen für Mortalität und Spitaleinweisungen in der Schweiz.
Die Studie wägt die beiden diagnostischen Pfade von Koronar-CT gegen invasive Koronarangiographie ab. Aus den medizinischen Leitlinien geht hervor, dass ein Koronar-CT bei vielen Patienten für die erste Diagnosestellung gegenüber einer invasiven Koronarangiographie zu bevorzugen ist.

Über 5 Millionen Einsparungen

Ein Koronar-CT ist nicht-invasiv und es muss kein Katheter ins Herz gelegt werden. Will heissen: Es besteht kein Narkose-, Infektions- und Komplikationsrisiko für den Patienten.
Gleichzeitig verursacht es weniger Kosten. Die Forschenden stellen in der Studie fest, dass dank eines optimierten Diagnosepfads ein Einsparpotential von ungefähr 5 Millionen für Versicherte pro Jahr besteht, wenn Patienten unter Einsatz der kosteneffizienten Diagnostik behandelt werden.
Hier geht es zur Studie.
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