Spital STS: Wieder Wunderwaffe Straubhaar

Der Ökonom und Multi-Spital-Verwaltungsrat übernimmt das Präsidium der Spitalgruppe Simmental-Thun-Saanenland.

, 27. Juni 2024 um 12:30
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«Ausgezeichnete Kompetenzen»: Thomas Straubhaar  |  Bild: cch/Medinside.
Die Regierung des Kantons Bern hat definitiv das Ruder bei der kantonseigenen Spital STS AG übernommen. An der gestrigen Generalversammlung der Spitalgruppe setzte die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion GSI den Verwaltungsrat neu zusammen. Als Präsident bestimmte sie Thomas Straubhaar. Neu im Gremium ist zudem Christine Schmid. Vom bisherigen Verwaltungsrat blieb lediglich Corinne Reuteler, die Vertreterin der Region Simmental-Saanenland, an Bord.
Das jetzt bloss noch dreiköpfige Aufsichtsgremium soll «rasch mit weiteren Personen ergänzt werden», teilt die GSI mit.

Ein Thuner in Thun

Mit Thomas Straubhaar übernimmt ein Mann das Präsidium, der in den letzten Jahren in vielen Häusern interimistisch und auf Mandatsbasis aushalf.
Der gebürtige Thuner war in den Nullerjahren stellvertretender Spitalamtsvorsteher im Kanton Bern. Danach folgten Stationen in der Berner Klinik Sonnenhof, im Spital Bülach, in der Klinik Lengg in Zürich und der Klinik Siloah in Gümligen. Bis Februar 2023 war Straubhaar interimistischer Geschäftsführer der Reha-Gruppe Zurzach Care. Im März 2023 übernahm er nach Rücktritten zudem das Departement Medizinische Dienste im Kantonsspital Glarus interimistisch.
Daneben ist er VR-Präsident beim Kantonsspital Obwalden und beim Spital Bülach sowie Verwaltungsrat des Spitalzentrums Biel.
Gesundheitsökonom Straubhaar verfüge «über ausgezeichnete Kompetenzen in den Bereichen Gesundheitswesen, Gesundheitspolitik, Regulierung und Qualitätsentwicklung», so die Erklärung aus Bern zum neusten Mandat.
Zugleich gab die Regierung dem neuen Verwaltungsrat den Wunsch auf den Weg, «dass der Fokus … auf den Bedarf der Bevölkerung gelegt wird und die STS AG sowohl die Versorgung der Region durch eigene Ressourcen als auch die Delegation der Aufgaben an einen Partner prüft.» Wobei dieser Partner wohl Medaxo heissen dürfte.

Zehn Jahre Rettungsversuche

Im Hintergrund steht, dass zuvor fast der gesamte Verwaltungsrat der Spital STS AG nicht mehr zur Wiederwahl antrat. Dies wegen Differenzen um die Weiterentwicklung des Spitals Zweisimmen. Die Kantonsregierung – und Besitzerin – hatte beschlossen, das Haus der privaten Betreiberfirma Medaxo zu übergeben, die ein integriertes Versorgungskonzept umsetzen will.
Der Verwaltungsrat der Spital STS AG lehnte die Übergabe jedoch ab; er berief sich dabei auf die Finanzkontrolle, laut der die gesetzliche Grundlage dafür fehle. Auch würde bei diesem Vorgang die Kompetenz des Kantonsparlaments umgangen. Der Vertrag mit Medaxo sieht unter anderem einen Millionen-Beitrag für den Betrieb respektive als Bürgschaften vor.
Lange zuvor hatte die Spital STS AG den Spitalstandort Zweisimmen aufgeben wollen, da die Gebäude kaum noch für heutige Ansprüche nutzbar waren und ein Neubau unvermeidbar schien. Ein Klinikneubau wurde zwar 2014 angekündigt, es gab auch einen Architekturwettbewerb. Das Projekt wurde jedoch gestoppt, nachdem die Kantonsregierung die langfristige Finanzierung des neuen Spitals ablehnte.

Modell Hohmad

In der Folge gab es Versuche, das Spital Zweisimmen auf der Basis mehrerer Gemeinden zu retten oder es im Rahmen eines gemeindeigenen Gesundheitsnetzes neu zu definieren; sie scheiterten jedoch in diversen Volksabstimmungen.
Ende März 2024 beschloss also die Kantonsregierung, dass Medaxo in Zweisimmen für die Versorgung der Region einen Klinikbetrieb aufbauen soll. Das Privatunternehmen betreibt mit rund 180 Angestellten die Klinik Hohmad in Thun, ferner zehn Praxen im Kanton Bern sowie eine in Zürich, und schliesslich führt sie mobile Heimarztpraxen mit Standorten in Spreitenbach, Muri bei Bern und Zürich.
Als Vorbild für den neuen Betrieb in Zweisimmen nannte Medaxo-Gründer und -Inhaber Thomas Mattmann gegenüber dem «Thuner Tagblatt» die eigene Belegarzt-Klinik Hohmad, welche als kantonales Listenspital insbesondere Chirurgie, Orthopädie, Urologie und Gynäkologie anbietet.
Allerdings muss das Unternehmen für die Zweisimmen-Pläne massiv investieren. Dafür soll Medaxo vom Kanton jährlich bis zu 3 Millionen Franken zur Deckung des Defizits erhalten; ferner sieht das nun abgesegnete Projekt ein kantonales Darlehen von 10,5 Millionen Franken zur Sicherung der Liquidität vor, aber auch eine Bürgschaft von 20 Millionen für einen Neubau.

Finanzkontrolle gegen Regierungsrat

Der akute Streit dreht sich nun um die Frage, ob die Art der Übergabe des Spitals an die Medaxo in der Kompetenz des Regierungsrates liegt. Die Finanzkommission des Kantons veröffentlichte an diesem Donnerstag ein Statement, in dem sie das bestreitet: «Es war geplant, dass auf Anweisung des Regierungsrates kantonale Mittel zur Erfüllung einer Staatsaufgabe direkt von der STS AG an die neue private Trägerschaft geflossen wären, was eine Umgehung des Grossen Rates darstellt», so der Befund.
Der Regierungsrat widersprach umgehend. Bei der Abtretung von Geldern an die Medaxo gehe es um Investitions-Summen, welche die Spital STS AG bereits über die Tarife eingenommen hat. «An der Bezahlung dieser Tarife beteiligt sich der Kanton mit 55 Prozent. Die Übertragung von Mitteln an die Medaxo Gruppe wäre somit kein Geschenk gewesen, sondern hätte Gelder betroffen, die im Zusammenhang mit dem aufgelaufenen Unterhalt zum Standort Zweisimmen gehören», so die Erklärung.
Die Gewährung von Bürgschaften wiederum sei durch den Rettungsschirm abgesegnet, welchen das Parlament – der Grosse Rat – vor zwei Wochen bewilligt hatte.
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