Spitäler: Wann ist die Zitrone ausgepresst?
Die finanziellen Probleme einzelner Spitäler sorgen für kontroverse politische Diskussionen. Nichts führt an der Tatsache vorbei, dass die Tarife und Entschädigungen zeitgemäss angepasst werden müssen. Ansonsten geraten auch die gesunden Häuser absehbar in Schieflage.
, 28. Dezember 2022 um 10:12Spitallandschaft nur noch begrenzt durchhaltefähig
Sinkende Erträge auf Grund nicht kostendeckender Tarife
- Die Tarife sind grundsätzlich zu tief und wurden den Kostenentwicklungen kaum angepasst. Der ambulante Bereich ist gemäss dem Branchenverband H-Plus rund 30 Prozent unterfinanziert und der stationäre Bereich rund 10 Prozent. Die Tarife sind weder prospektiv inflations-indexiert noch werden sie automatisch an veränderte Marktsituationen angepasst. Die ungenügende Vergütung der Leistungen anerkennt insbesondere Bundesbern nicht, dort bastelt man lieber an «Kostenzielen, Globalbudgets» und anderen Sparmassnahmen zu Lasten der Spitäler herum.
Woher stammen die Kostensteigerungen?
- Zum einen führen regulatorische Auflagen zu höheren Kosten für die Spitäler, ohne dass dieser Mehraufwand den Patienten einen konkreten Nutzen bringt. Jüngstes Beispiel: Die Berufsausübungsbewilligung für Ärzte kostet im Aargau ein mittelgrosses Zentrumsspital eine sechsstellige Summe.
- Zum anderen müssen die Gesundheitsinstitutionen, um attraktive Arbeitgeber zu bleiben, in ihr Personal investieren. Als Folge davon steigen die Personalkosten, der grösste Kostenblock in einem Spital. Viele Spitäler haben ihre Lohnsummen im Rahmen der Lohnrunden mit den Sozialpartnern seit 2012 kontinuierlich erhöht. Nächstes Jahr investieren sie Millionen Franken zusätzlich in ihr Personal. Einzelne Lohnerhöhungen sind so krass, dass die Pflegenden reihenweise ihre Pensen reduzieren und der Personalmangel damit unvermindert fortbesteht oder gar verschärft wird.
- Schliesslich treffen die Teuerung von Einkaufsgütern und die Energiekrise die Spitäler besonders hart. Allein für die Stromkosten bezahlt beispielsweise das KSB nächstes Jahr 1,3 Millionen Franken zusätzlich.
Konkrete Tarifanpassungen
- Die ambulanten und stationären Tarife sollten dringend linear um rund fünf Prozent erhöht und inflations-indexiert werden. Das wäre eine erste konkrete Massnahme, um die chronische Unterfinanzierung der Spitäler und Kliniken auf nationaler Ebene zu beheben.
- Die Entschädigungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen (GWL) sollten derart vereinheitlicht werden, dass sie sich dem nationalen Durchschnitt annähern. Derzeit liegt beispielsweise die GWL-Entschädigung im Aargau pro Fall bei 271 Franken, während der nationale durchschnitt mehr als 2000 Franken beträgt (vgl. Felder).
Kluge Reformen endlich umsetzen
- Resilienz und Nachhaltigkeit: Wie übersteht ein Versorgungsystem künftige Krisen (wie die jüngste Pandemie)? Hält das Versorgungsystem langfristigen Belastungen und hoher Beanspruchung bei ausreichend Qualität stand?
- Innovation und Digitalisierung: Ist unser System offen gegenüber neuen Versorgungsmodellen, verbesserten Finanzierungsmechanismen und innovativen Technologien?
- Finanzierung und Qualität:
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