Zürich: Versicherer kämpfen gegen neuen Taxpunktwert

Kürzlich hat der Zürcher Regierungsrat den Taxpunktwert der frei praktizierenden Ärztinnen und Ärzte von 89 auf 91 Rappen erhöht. Das passt den Versicherern nicht. Den Ärzten reichts.

, 3. Mai 2022 um 05:56
image
«Zürcher Ärztinnen und Ärzte verdienten immer weniger», titelte Medinside Anfang April. Der Grund: Seit Einführung von Tarmed ist der Zürcher Taxpunktwert von 97 auf 89 Rappen stetig gesunken. Die Erhöhung des Taxpunktwertes von 89 auf 91 Rappen bezeichneten die frei praktizierenden Ärztinnen und Ärzte (AGZ) als «angemessen» und als «einen Schritt in die richtige Richtung». Der Festsetzungsentscheid hätte rückwirkend ab Anfang 2018 wirken sollen.
Diese politische Kehrtwendung gefällt den Versicherern von Santésuisse nicht. Um zwei bis drei Rappen wollen sie den Taxpunktwert senken und bekämpfen daher den Kantonsentscheid beim Bundesverwaltungsgericht.

«Im Glashaus sitzen und mit Steinen werfen»

Das stösst den AGZ sauer auf: «Im Glashaus sitzen und mit Steinen werfen», schreiben die Zürcher Ärztinnen und Ärzte in ihrer Medienmitteilung. Die Versicherer würden den kantonalen Entscheid bekämpfen, obwohl der nachweislich zu tiefe Taxpunktwert dazu geführt habe, dass das Einkommen der Zürcher Ärzte heute unter dem Median aller Schweizer Ärzte liege. 
In allen anderen Branchen, auch in der Krankenversicherungsbranche, würden im Kanton Zürich die höchsten Löhne bezahlt. Somit würden die Krankenversicherer im Glashaus sitzen und mit Steinen werfen, begründen die AGZ ihre Aussage. 

AGZ haben die Nase voll

«Es reicht – wir haben haben genug von der Diskussion über unsere Einkommen.» Wer behaupte, dass ein mittleres Einkommen von 156'435 Franken für einen selbständigen Arzt im Alter zwischen Mitte 50 und 60 zu hoch sei, der solle das seinem Arzt oder seiner Ärztin ins Gesicht sagen.
«Vor allem die Manager der Krankenkassen in ihren Teppichetagen, die ihren Kunden das Blaue vom Himmel versprechen, sollen offen sagen, ob sie von einem von ihnen nur mittelmässig bezahltem Arzt tatsächlich Tag für Tag Spitzenleistungen erwarten!», lauten die klaren Worte der AGZ.

«Es ist grotesk, dass der Krankenkassenverband Santésuisse auch in diesem Fall wieder mit Prämienerhöhungen droht.» 

Es sei grotesk, dass der Krankenkassenverband Santésuisse auch in diesem Fall wieder mit Prämienerhöhungen drohe. Die Versicherer würden verschweigen, dass im Kanton Zürich mit dem schweizweit höchsten Bevölkerungseinkommen die mittleren Krankenkassenprämien tiefer sein als im Schweizer Mittel.
«Und dass ein durchschnittlicher Haushalt trotz gestiegener Krankenkassenprämien über ständig steigende Einkommen verfügt. Die sinkenden Einkommen der Zürcher Ärzte sind nicht das Problem. Das Problem ist, dass immer mehr Leistungen über Krankenkassenprämien bezahlt werden müssen. Wäre der prämienfinanzierte Anteil des Gesundheitswesens konstant geblieben, wären die Prämien heute um 20 Prozent niedriger.» Ausser Frage stehe, dass die Prämienlast der tiefen Einkommensbezieher reduziert werden müsse.

Ambulanten ärztlichen Versorgung gefährdet

Für die AGZ ist klar:
«Die Versicherer gefährden mit ihrem Angriff auf die Einkommen der Ärzte die ambulante Versorgung der Bevölkerung. Denn immer weniger Ärzte sind bereit, eine Praxis zu übernehmen, dabei immer mehr administrative Auflagen zu erfüllen, hohen Ansprüchen der Patienten zu genügen, sinkende Einkommen hinzunehmen und sich dann auch noch als Kostentreiber hinstellen zu lassen. Die ab dem Jahr 2025 geplante Einführung von Höchstzahlen für Ärzte erübrigt sich, denn es werden bis dann viele Praxen geschlossen werden.»
Die ambulante ärztliche Versorgung sei die günstigste Versorgung. In der Schweiz habe die ambulante ärztliche Versorgung eine sehr hohe Qualität. Zur Sicherung dieser hochstehenden, günstigen ärztlichen Versorgung sei es fünf vor zwölf. 

Die AGZ fordert deshalb:
  • einen Schluss mit dem Angriff auf die Arzteinkommen,
  • die Genehmigung des modernen Arzttarifs Tardoc durch den Bundesrat,
  • einen Stopp der Planungen, Globalbudgets im KVG zu verankern,
  • eine einheitliche Finanzierung (EFAS) von ambulanten Arztleistungen und von Spitalleistungen aus Krankenkassenprämien und Steuergeldern.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image
Gastbeitrag von Anton Widler

Physiotherapie: Eine Aktion gegen den Bewilligungs-Wildwuchs

Bei der Frage, ob bei den Gesundheitsberufen eine Berufsausübungs-Bewilligung nötig ist, gibt es grosse kantonale Abweichungen. Jetzt spielt die Physio-Branchen-Organisation SwissODP nicht mehr mit.

image

Efas: Abgestimmt wird am 24. November

Nun hat der Bundesrat festgelegt, wann das Volk über die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen entscheidet.

image

«Notfalldienst für pensionierte Ärzte muss abgeschafft werden»

Dem Kanton Schwyz drohen Ärztinnen und Ärzte davonzulaufen – wegen der strengen Pflicht zum Notfalldienst.

image

Corona kostete den Bund 29 Milliarden

Die Kosten der Corona-Pandemie seien so einmalig gewesen, dass sie keine Vorlage für künftige Krisen seien. Das stellt der Bundesrat fest.

image

Hohe Ehre für USZ-Rheumatologen in Deutschland

Oliver Distler holt den Carol-Nachman-Preis. Sein Bruder auch.

image

Ärztemangel: Bern drohen weitere Versorgungsengpässe

Auch Fachgebiete wie die Endokrinologie, Gynäkologie und Rheumatologie sind zunehmend betroffen. Das zeigen aktuelle Zahlen der Ärztegesellschaft des Kantons Bern.

Vom gleichen Autor

image

Kinderspital verschärft seinen Ton in Sachen Rad-WM

Das Kinderspital ist grundsätzlich verhandlungsbereit. Gibt es keine Änderungen will der Stiftungsratspräsident den Rekurs weiterziehen. Damit droht der Rad-WM das Aus.

image

Das WEF rechnet mit Umwälzungen in einem Viertel aller Jobs

Innerhalb von fünf Jahren sollen 69 Millionen neue Jobs in den Bereichen Gesundheit, Medien oder Bildung entstehen – aber 83 Millionen sollen verschwinden.

image

Das Kantonsspital Obwalden soll eine Tochter der Luks Gruppe werden

Das Kantonsspital Obwalden und die Luks Gruppe streben einen Spitalverbund an. Mit einer Absichtserklärung wurden die Rahmenbedingungen für eine künftige Verbundlösung geschaffen.